WHO - World Health Organization Regional Office for Europe

07/15/2025 | Press release | Distributed by Public on 07/15/2025 00:05

Sinkende Impfquoten für Kinder in Europa begünstigen weiteres Wiederaufleben von Masern und Keuchhusten

Neue Daten von UNICEF und WHO belegen: Impfmüdigkeit in Europa und Zentralasien gefährdet die Gesundheit von Kindern

In der Europäischen Region der WHO, die 53 Länder in Europa und Zentralasien umfasst, blieb der Impfschutz von Kindern gegen Masern, Keuchhusten und andere Krankheiten 2024 hinter dem Stand vor der Pandemie zurück, was die Zahl der gefährdeten Kinder erhöht und das Risiko von Krankheitsausbrüchen vergrößert; dies geht aus den heute veröffentlichten neuesten Schätzungen von WHO und UNICEF zur Durchimpfung hervor.

Doch 2024 erhielten weltweit 89 % der Säuglinge mindestens eine Dosis des Impfstoffs gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis (DTP), und 85 % erhielten alle drei Dosen. Somit erhielten 171 000 Kinder mehr mindestens eine Impfung, und verglichen mit 2023 erhielten 2024 eine Million Kinder mehr sämtliche Impfungen - ein bescheidener Fortschritt inmitten wachsender globaler Herausforderungen.

Alarmierende Rückgänge

Im Durchschnitt blieb die Durchimpfung bei Impfungen für Kinder in Europa und Zentralasien 2024 gegenüber 2023 gleich bzw. ging um 1 % zurück, was auf eine stagnierende Erholung auf das Niveau vor der Pandemie hindeutet. Zwischen 2019 und 2024 sank die Durchimpfung:
  • mit der zweiten Dosis des Impfstoffs gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) von 92 % auf 91 %;
  • mit der dritten Dosis DTP-Impfstoff von 95 % auf 93 %;
  • mit der dritten Dosis Polioimpfstoff von 95 % auf 93 %;
  • mit der dritten Dosis Hepatitis-B-Impfstoff von 92 % auf 91 % .
Innerhalb der Europäischen Region waren 2024 die Durchimpfungsraten von Land zu Land sehr unterschiedlich, wobei die Durchimpfung für die erste Dosis MMR-Impfstoff und die dritte Dosis DTP-Impfstoff insgesamt rückläufig war: so meldeten einige Länder eine Durchimpfung von nur 23 % für MMR1 und 51 % für DTP3. Um eine Herdenimmunität zu erreichen und den Ausbruch vieler impfpräventabler Krankheiten zu verhindern, ist jedes Jahr eine Durchimpfung von 95 % in jeder Kommune erforderlich. 2024 hat mehr als die Hälfte der Länder in der Europäischen Region das Ziel der Herdenimmunität für MMR oder DTP verfehlt, und fast ein Drittel meldete eine Durchimpfung von unter 90 %.

"Allein im vergangenen Jahr erkrankten in unserer Region fast 300 000 Menschen an Keuchhusten - mehr als dreimal so viele wie im Vorjahr. 2024 erkrankten über 125 000 Menschen an Masern, doppelt so viele wie 2023. Das sind nicht nur Zahlen, sondern es geht um Hunderttausende von Familien, die leiden, weil ihre Kinder krank sind, und das hätte verhindert werden können", erklärt Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.

"Impfungen retten Leben, und wenn die Impfquote sinkt, breiten sich Krankheiten aus. Deshalb müssen die Länder in starke kommunale Gesundheitssysteme investieren und sicherstellen, dass Impfstoffe in jeder Wohngegend verfügbar und zugänglich sind, und außerdem gegen Fehlinformationen vorgehen. Das Gesundheitspersonal braucht Unterstützung, um jede Familie zu erreichen, insbesondere in schwer zugänglichen Gebieten. Und die Bevölkerung muss mit zuverlässigen Informationen versorgt werden, damit Eltern ihre Kinder beruhigt impfen lassen können", so Dr. Kluge weiter.

"In vielerlei Hinsicht ist das Impfwesen in Europa und Zentralasien ein Opfer seines eigenen Erfolgs geworden", sagt Regina De Dominicis, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien. "Die heutige Generation hat die verheerenden Auswirkungen von impfpräventablen Krankheiten nicht miterlebt, was zu Sorglosigkeit führt und den Weg für Fehlinformationen ebnet. Die Zunahme der Masernfälle im letzten Jahr - die gemeldete höchste Zahl seit fast drei Jahrzehnten - erinnert uns daran, dass mehr Kinder mit vermeidbaren Krankheiten, lebenslangen Komplikationen oder sogar dem Tod rechnen müssen, wenn die Regierungen nicht in leistungsfähige kommunale Gesundheitseinrichtungen investieren und Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsversorgung und Gesundheitsinformationen beseitigen."

Vielversprechende Zugewinne

Trotz dieser Stagnation hat sich die Akzeptanz neuerer Impfstoffe, auch gegen das humane Papillomavirus (HPV), den Daten zufolge weiter verbessert. Diese Verbesserung ist darauf zurückzuführen, dass eine Reihe von Ländern diese Impfungen eingeführt haben und die Impfsysteme sich inzwischen besser auf die Verabreichung dieser Impfstoffe eingestellt haben. Für den Zeitraum von 2019 bis 2024 wurde ein stetiger Anstieg der Durchimpfung festgestellt:
  • für Mädchen von 37 % auf 40 % und für Jungen von 8 % auf 26 % mit der ersten Dosis HPV-Impfstoff;
  • von 24 % auf 42 % mit der letzten Dosis Rotavirusimpfstoff;
  • von 81 % auf 93 % mit der dritten Dosis Impfstoff gegen Haemophilus influenzae Typ b;
  • von 81 % auf 86 % mit der letzten Dosis Pneumokokken-Konjugatimpfstoff.
Die Erhöhung der Durchimpfung mit diesen Impfstoffen hat deutliche Auswirkungen in Form von niedrigeren Raten von HPV-Infektionen und des damit verbundenen Gebärmutterhalskrebses, von weniger Krankenhauseinweisungen bei Kindern aufgrund von Rotavirus-bedingter Diarrhöe sowie von weniger Lungenentzündungen und invasiven bakteriellen Erkrankungen.

Erneute Anstrengungen

"Mit Blick auf die Planung der nächsten Phase unserer Arbeit in Europa und Zentralasien ist eines klar: Impfungen müssen weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. Wir müssen dringend gemeinsam darauf hinwirken, die Impflücken zu schließen und eine Rückkehr vermeidbarer Krankheiten zu verhindern. Hier ist jedes einzelne Land gefordert, auch Länder mit einer hohen Durchimpfung", lautet Dr. Kluges Fazit.

Das UNICEF und die WHO arbeiten zusammen mit Gesundheitsbehörden in der gesamten Europäischen Region darauf hin, auf der kommunalen Ebene bestehende Ungleichheiten hinsichtlich der Durchimpfung zu erkennen, zu verstehen und zu beseitigen. Zu den laufenden Projekten, die zum Teil von der Europäischen Union unterstützt werden, gehören die Triangulation von Datenquellen, um festzustellen, wer nicht mit Routineimpfungen erreicht wird, aber auch die Erforschung von Verhaltensweisen, um Hindernisse für eine höhere Inanspruchnahme zu ermitteln, zu denen u. a. das Fehlen von aktiven Vorsorgeuntersuchungen, Erinnerungshilfen oder Informationen zur Bekämpfung verbreiteter Falschvorstellungen gehören.

Länder, in denen es aktuell keine Masernfälle oder -ausbrüche gibt, sollten vorausschauend planen und sich auf eine Einschleppung vorbereiten, um eine Ausbreitung des Virus innerhalb und außerhalb des Landes zu verhindern. Länder, die derzeit Ausbrüche erleben, müssen ihre Bemühungen fortsetzen, alle gefährdeten Personen zu impfen, die Suche nach Fällen und Kontaktpersonen zu intensivieren und epidemiologische Daten zu nutzen, um Impflücken zu ermitteln, damit die Impfprogramme sicherstellen können, dass betroffene Gemeinschaften geschützt sind und künftige Ausbrüche verhindert werden können.
WHO - World Health Organization Regional Office for Europe published this content on July 15, 2025, and is solely responsible for the information contained herein. Distributed via Public Technologies (PUBT), unedited and unaltered, on July 15, 2025 at 06:05 UTC. If you believe the information included in the content is inaccurate or outdated and requires editing or removal, please contact us at support@pubt.io