Spotlight Autohaus 2025
Erfolg ist plan- und steuerbar
21. Januar 2025 agvs-upsa.ch - Kosten- und Margendruck steigen, dennoch müssen Garagen und Autohäuser rentabel arbeiten. Als Führungskraft muss man dabei nicht alles selbst machen und regeln, sondern seine Mitarbeitenden auf die Reise mitnehmen. Das zeigte das diesjährige Spotlight Autohaus in Thalwil ZH auf. Jürg A. Stettler
Andreas Block zeigte beim «Spotlight Autohaus» Garagistinnen und Garagisten auf, wie sie Herausforderungen meistern können. Fotos: AGVS-Medien
Auch 2025 strömten wieder 80 Führungskräfte aus der Garagenbranche zum Spotlight Autohaus, um von Andreas Block von der ZHAW in Zürich und weiteren Expertinnen und Experten wichtige Inputs für den Alltag zu erhalten oder in Workshops gemeinsam zu erarbeiten. «Für die nächsten Jahren sind 300'000 verkaufte Fahrzeuge hierzulande in weite Ferne gerückt und irgendwann fehlen diese Fahrzeuge schlicht und einfach auch im Aftersales», so Block zum Auftakt. Doch Autohäuser müssten trotz Kosten- und Margendruck weiter profitabel sein. Auf welche Hilfsmittel sie dabei zurückgreifen können, um den Verkaufsprozess oder auch Anfragen der Kundschaft besser zu verarbeiten, legte zu Beginn Silvia Gönner, Senior Solution Engineering Manager Salesforce, dar.
Silvia Gönner, Senior Solution Engineering Manager Salesforce.
«KI ist kein Neuland für uns, wir treiben das Thema schon seit elf Jahren voran. Chatbots wurden zu Copilots, die massgeschneiderte Antworten lieferten, nun kommen die sogenannten Agenten, die für ein Unternehmen auch urteilen und handeln können.» Dazu müsse man jedoch die genaue Rolle und die Kompetenzen der KI-Agenten definieren. «Die Systeme haben sich von einem ‹Large-Language-Modell› nun zu einem ‹Lage-Action-Modell› hin entwickelt und können schon sehr vieles mehr erledigen, also bloss Texte schreiben», so die Salesforce-Expertin. Man dürfe jedoch nie vergessen, merkte Gönner an, dass deren Resultate nur so gut seien, wie die Daten dahinter. Schlechte Daten und schlechte Prozesse könnten auch durch Agenten nicht verbessert werden, es gelte daher, aufzuräumen.
Kundenstamm-Management bietet Potenzial
Auch ohne Saleforce und KI lässt sich durch ein sauberes Kundenstamm-Management viel Potenzial ausschöpfen. «Wenn ich 50 Autos vom Hersteller abnehmen soll, muss ich ja als Unternehmer wissen, ob ich eine Chance habe, die loszukriegen ohne meine Restwerte zu gefährden», so Block. Einfach alle Kundinnen und Kunden anzuschreiben, die seit einigen Monaten nicht mehr im Betrieb waren, sei sicherlich nicht zielführend. Block hat dafür mit ZHAW-Kollege Mario Gellrich das «Business Intelligence Infoboard» aufgebaut. Dieses kombiniert die eigenen Kundendaten mit frei zugänglichen, externen Daten des Bundes etwa zur Wohnsituation. «Relevante Infos zu den Kunden werden bei uns identifiziert, dann Handlungen definiert und schliesslich die Kunden selektiert», erklärt Block.
Die Rechtsanwälte Marc Schwenninger (l.) und Volker Dohr machten den rund 80 Fachkräften aus der Garagenbranche zudem klar, dass man in der Schweiz, anders als in der EU, kein Einverständnis braucht, um Daten zu verarbeiten.
Eigenes Marktgebiet verstehen
Durch die simple Zusatzinfo, ob jemand in einem Haus oder einer Wohnung wohne, wisse man beispielsweise, ob er eher für den Kauf eines E-Autos in Frage komme, weil er als Hausbesitzer selbst über die Installation einer Wallbox entscheiden könne. «ChatGPT analysiert uns alles, aber die KI fragt nicht, ob unsere Daten stimmen. Daher ist eine gute Datenqualität extrem wichtig», merkte auch der ZHAW-Experte an. «KI ist nicht die eierlegende Wollmilchaus, aber ein gutes Tool. Es ist aber zwingend, Ideen und Inputs von ChatGPT zu verifizieren.» Deshalb solle man als Garagist oder Garagistin KI als Impulsgeber, aber nicht als finaler Entscheider nutzen. «Fragen Sie ChatGPT für eine PLZ mal nach Demografie, Fahrzeugdichte und Einkommen», das liefere schon viel Aufschluss und Impulse zum eigenen Marktgebiet. «Ich kann auch fragen, woher KI diese Daten gekriegt hat, das liefert weitere spannende Quellen, wie vielleicht ein Vereinsverzeichnis für die Region», ergänzt Andreas Block.
Volker Dohr von Impunix (Mitte) lieferte Informationen und Tipps zum Datenschutz.
Relevanz des Kundenstamms
Kundendaten mit öffentlichen Zusatzdaten anzureichern, ist ein Punkt, diese sorgfältig zu pflegen ein anderer. Thomas Grundmann, Geschäftsführer der Amag Schinznach, verriet: «Wir verfügen alle über riesige Datenmengen im Kundenstamm. Den Mitarbeitenden muss die Relevanz des Kundenstamms aber auch bewusst sein.» Denn man gebe stets ein Vielfaches, etwa zehn bis zwölf Mal so viel Geld, für die Akquise einer Neukundin oder eines Neukunden aus. Daher sei es absolut entscheidend, ein konsequentes Kundenstamm Management zu implementieren. Dies habe auch mit Führung zu tun, so Grundmann: «Man sollte dabei klare Vorgaben und eine Erwartungshaltung definieren und kommunizieren.»
Genau und klar sagen, welche Daten man vom Kunden wissen muss und die Mitarbeitenden mit auf die Reise nehmen. Denn nicht jeder und jede habe das gleiche Verständnis dafür, was gute Kundenstammdaten sind. Bei den Verkäuferinnen und Verkäufern höre man ja gerne «noch mehr Administration». Und der Geschäftsführer des Amag-Betriebs mit der berühmten Betriebsnummer 1 ergänzt: «Ich habe 122 Mitarbeitende: Daher muss man unbedingt Standards definieren und überwachen, sonst hat man am Schluss 122 verschiedene Varianten.» Dabei sei man auch als Führungskraft gefragt, welche hier die hohe Relevanz für den Gesamterfolg aufzeigen müsse. «Die Führungskraft muss am und nicht nur im Geschäft arbeiten», brachte es der Amag-Geschäftsführer auf den Punkt. Grundmann nutzt dabei die sogenannte 4W-Methodenkompetenz, indem er fragt: Was los ist (Ausgangslage)? Wohin will ich (Zielsetzung)? Welche Möglichkeiten habe ich (Lösungsansätze)? Wofür entscheide ich mich (Entscheidung)? So versucht er, eine gute Qualität bei der Mitarbeitenden-Führung sicherzustellen, denn diese bestimme auch die Qualität der Ergebnisse.
In Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden zusammen mit Katja Kurz wichtige Aspekte zum Thema «Self Leadership» und die ZHAW-Dozentin zeigte Wege auf, um besser mit Belastungen umzugehen.
«Stress-Bragging» ist falscher Ansatz
Vor allem das mittlere Management zerbreche aktuell am Spagat zwischen Druck und Ansprüchen, machte dann ZHAW-Dozentin Katja Kurz deutlich: «Je grösserer der Druck, desto wichtiger wird der klare Kopf - ein kurzes Zurücknehmen kann da schon helfen.» Denn gemäss Job-Stress-Index der Schweiz fühlten sich über 30 Prozent stark gestresst, 79 Prozent sehen sich einem hohen Leistungsdruck ausgesetzt und noch krasser, nur 13 Prozent würden Massnahmen und Mittel kennen, wie sie mit diesem Druck umgehen könnten. «Stress-Bragging», den eigenen Stress als Zeichen von Produktivität oder Bedeutung zu kommunizieren, sei der falsche Ansatz. «Prahlt man mit Stress, sinkt das Wohlbefinden, die Zusammenarbeit wird schlechter und die Kompetenzwahrnehmung nimmt ab», so die Wissenschaftlerin.
Die beiden Rechtsanwälte Volker Dohr und Marc Schwenninger lieferten dann wichtige Einblick, wie man im Autogewerbe korrekt Werbung macht und gaben Tipps zum Datenschutz. «Datenschutz hat in der Schweiz vor allem den Punkt der Zweckbindung. Und dann gilt die Transparenzpflicht», verriet Impunix-CEO Dohr. «Wir brauchen in der Schweiz nicht das Einverständnis, Daten zu verarbeiten, sondern wir weisen einfach darauf hin, dass wir Daten verarbeiten und man geht davon aus, dass man sich rechtmässig verhält.» Kniffliger werde es beim Werberecht, warf Schwenninger ein. Zwar ist die Einhaltung der datenrechtlichen Vorgaben zwingend, trotzdem ergeben sich noch immer viele Optionen zur Bearbeitung des Marktes und des eigenen Kundenstamms - auch dies eine spannende Erkenntnis des Spotlight Autohaus 2025.
Thomas Grundmann, Geschäftsführer der Amag Schinznach, erarbeitete im Workshop Führungsgrundsätze.
«Und am Schluss ist es wichtig, dass wir einfach mal ausprobieren, was mir KI zu einzelnen Kunden oder Marktregionen für Infos liefert», so Andreas Block. «Es reicht ja schon die Astra-Zahlen zu nutzen und fragen, wie haben sich die Verkaufszahlen in einer Region entwickelt. Die gelieferten Resultate der KI kann ich dann mit meinen eigenen Daten vergleichen und weiteranalysieren.» Und dann lieferte der ZHAW-Dozent noch Einblicke in sein Forschungsprojekt zur Nutzung von Chatbots. «Die Vorteile dieser Chatbot sind die 24/7-Verfügbarkeit und deren schnelle Antwort. Gleichzeitig fehlt den Leuten die persönliche Beratung und auch die mangelnde Genauigkeit der Informationen wird von den Nutzenden beanstandet», verrät Andreas Block.
In seinen Untersuchungen zeigte sich zudem, dass viele Nutzende vor allem Infos zu technischen Aspekten der Fahrzeuge und den Ausstattungsinfos wünschten. «Je weiter der Verkaufsprozess jedoch fortgeschritten ist, desto wichtiger wird die persönliche Beratung - auch bei der Generation Z», erläutert er und macht damit den Garagistinnen und Garagisten wieder Mut und zeigt auf, dass sie im Kundengespräch als kompetente Mobilitätsberater immer noch sehr gefragt sind. «Persönlich Beratung ist immer noch Trumpf, aber Chatbots gewinnen an Relevanz. Klar ist aber auch anhand unserer Forschung: Entweder einen richtigen oder gar keinen Chatbot installieren!»
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