11/12/2025 | Press release | Distributed by Public on 11/13/2025 01:12
Bundeskanzler Friedrich Merz hat das Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entgegengenommen.
Foto: Bundesregierung/Steffen Kugler
Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Monika Schnitzer, hat Bundeskanzler Merz das Jahresgutachten 2025/26 zur wirtschaftlichen Entwicklung übergeben. Bundeskanzler Merz betonte bei der Übergabe, die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei noch nicht so gut wie sie sein könnte - auch wenn die Prognose für 2026 ermutigend sei.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - kurz Sachverständigenrat Wirtschaft - ist ein unabhängiges Gremium, das die Bundesregierung bereits seit 1963 in wirtschaftspolitischen Fragen berät. Seine fünf Mitglieder werden für fünf Jahre vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung berufen. Jedes Jahr veröffentlicht der Rat ein Jahresgutachten, in dem die gesamtwirtschaftliche Lage und die Prognosen für das laufende sowie das kommende Jahr betrachtet werden.
Bundeskanzler Friedrich Merz:
Vielen Dank, Frau Professor Schnitzer! Auch den weiteren Mitgliedern des Sachverständigenrates und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sachverständigenrates herzlichen Dank für die Arbeit, die Sie geleistet haben und die in der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtes zum Ausdruck kommt! Ich freue mich darüber, dass ich das heute erstmalig entgegennehmen darf und tue das mit einem Dank, aber auch mit einem Wort der Ermutigung. Sie haben es selbst gesagt: Die Zeichen drehen sich von negativ auf positiv, allerdings auch mit einigen Hinweisen versehen, wie wir es besser machen können.
Genau darum geht es in der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Wir sind darum bemüht, die wirtschaftliche Lage durchgreifend zu verbessern. Das Wachstum in Deutschland ist seit vielen Jahren zu gering. Wir bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück. Auch die Produktivität unserer Volkswirtschaft ist nicht so hoch, wie sie sein müsste und sein könnte.
Sie diagnostizieren in Ihrem Gutachten, dass es Investitionen und Innovationen in Deutschland braucht, damit unsere Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigeren Wachstumspfad zurückkehrt. Diese Einschätzung teilen wir. Wir teilen auch die Einschätzung, dass die hohe Steuer- und Abgabenlast die Investitionstätigkeit in Deutschland hemmt. Ich will es mit meinen Worten sagen: Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft muss besser werden. Dazu gehören auch die hohen Energiekosten. Die Unternehmen in Deutschland leiden unter diesen hohen Energiekosten. Ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesregierung gerade in diesen Tagen in Berlin und in Brüssel sehr darum bemüht ist, noch in diesem Jahr zu Lösungen zu kommen.
Wir haben in den letzten Jahren zu stark von der Substanz gelebt. Diese Reserven unserer Volkswirtschaft sind jetzt aufgebraucht. Deswegen haben wir gemeinsam ein Ziel: Wir wollen den Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich fit für die Zukunft machen, und zwar in einem sich dramatisch verändernden globalen Umfeld. Die Investitionsbedingungen für unsere Unternehmen sollen verbessert werden. - Wir haben dazu bereits ein steuerliches Investitionsprogramm verabschiedet und in Kraft gesetzt. Wir haben mit gezielten Abschreibungsanreizen für Investitionen in Maschinenanlagen und auch Digitalisierung die richtigen Impulse gesetzt. Wir werden außerdem - das wissen Sie - ab dem Jahr 2028 ganz konsequent und sukzessive die Körperschaftsteuersätze in Deutschland senken. Sie zeigen uns in Ihrem Gutachten auf, dass die Senkung der Unternehmenssteuern zu mehr Investitionen und Wachstum führen. Das ist genau unsere Einschätzung; wir teilen sie. Darin haben wir eine sehr hohe Übereinstimmung.
Wir steigen in die Reform der Sozialabgaben ein. Die entsprechenden Kommissionen der Bundesregierung haben ihre Arbeit zum Teil bereits aufgenommen; zum Teil werden wir sie noch in diesen Tagen einsetzen. Auch dafür möchte ich werben. Viele Vorschläge werden seit Jahren diskutiert, aber wir wollen sie eben einmal im Gesamtzusammenhang für unseren Sozialstaat aufstellen. Deswegen werden wir das jetzt ganz konsequent auf den Weg bringen und im nächsten Jahr umsetzen.
Wir haben mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität bereits langfristig und verlässlich Mittel bereitgestellt, um den Sanierungsstau im öffentlichen Bereich aufzulösen. Das werden wir mit einem entsprechenden Rückbau der Bürokratie und der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren begleiten. Dies ist überfällig, weil wir alle wissen, dass wir jetzt wettbewerbsfähige Unternehmen brauchen. Diese Wettbewerbsfähigkeit hängt auch sehr stark an den hohen Bürokratiekosten. Jeder Euro, den wir bei der Bürokratie sparen, kann an anderer Stelle in den Unternehmen produktiv eingesetzt werden.
Nun bin ich Ihnen auch dankbar für den Hinweis auf die europäische Politik. Wettbewerbsfähigkeit können wir nicht allein durch nationale Maßnahmen herstellen. Wettbewerbsfähigkeit muss bei allem, was wir auch in der Europäischen Union tun, der erste Gedanke sein. Sie kennen meine Initiativen, die ich auf der europäischen Ebene dazu ergriffen habe. Ich begrüße es deswegen sehr, dass der Rat auch diesem Thema ein ganzes Kapitel in seinem Gutachten widmet. Die beiden Berichte, die die früheren Ministerpräsidenten Letta und Draghi vorgelegt haben - Draghi auch in seiner Eigenschaft als ehemaliger EZB-Präsident -, sind für uns wichtig. Ich habe auch mit dafür gesorgt, dass sie sehr prominent auf die Tagesordnung in Brüssel gesetzt werden, bis hin zu einem Sonderrat, den wir am 12. Februar nächsten Jahres durchführen werden, um uns ausschließlich mit dem Thema zu beschäftigen, wie wir die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie stärken können.
Liebe Frau Professorin Schnitzer, liebe Mitglieder des Sachverständigenrates, noch einmal namens der Bundesregierung sehr herzlichen Dank dafür, dass Sie uns diesen Bericht zur Verfügung stellen! Wir haben durchaus auch politisch Entscheidungen getroffen, die von Ihnen kritisch gesehen werden. Aber wir nehmen das, was Sie aufschreiben, ernst. Wir lesen es, und wir wissen, dass der Sachverständigenrat ein wichtiges Entscheidungsgremium ist, das der Bundesregierung mit Rat und Tat zur Seite steht. Ich will nicht unerwähnt lassen, dass wir natürlich auch beobachten, dass es im Rat selbst intensive Diskussionen über verschiedene Themen gibt. Aber die Instrumente sind ja vorhanden, um auch unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck zu bringen. Wir nehmen natürlich auch die abweichenden Meinungen zur Kenntnis.
In diesem Sinne sehr herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Schreiten wir zur Übergabe!