11/11/2025 | Press release | Distributed by Public on 11/11/2025 09:56
Wien (PK) - Die Forderungen der Oppositionsparteien standen heute im Zentrum des zweiten Teils des Bildungsausschusses. Diese wurden von ÖVP, SPÖ und NEOS mehrheitlich vertagt. So drängen die Freiheitlichen auf ein Kopftuchverbot für sowohl Schülerinnen und Lehrerinnen in Pflichtschulen, Maßnahmen zur Attraktivierung von technischen Berufen für Mädchen sowie des Lehrerberufs für Männer. Zudem will die FPÖ Genderzeichen in Schulbüchern abschaffen. Geht es nach den Grünen, sollen interkulturelle Unterstützungsteams für Schulen eingerichtet und die Schulsozialarbeit und Schulpsychologie ausgebaut werden. Zudem sollen die durch eine Bund-Länder-Vereinbarung sichergestellten Mittel für Elementarpädagogik ausgeschöpft werden.
Insbesondere im schulischen Umfeld sei das Tragen eines Kopftuches nicht nur als religiöses Symbol, sondern als "Zeichen einer politischen Ideologie" zu sehen, das mit den "Grundprinzipien unserer Gesellschaft" unvereinbar sei, heißt es in einem neu eingebrachten Entschließungsantrag der FPÖ. Zudem kritisieren die Freiheitlichen, dass Lehrerinnen mit Kopftuch als staatliche Autoritätspersonen ein problematisches Signal setzen würden. Mit Verweis auf das Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS, das ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren ankündige, fordern die Freiheitlichen die Bundesregierung auf, das Tragen von Kopftüchern oder Verschleierung für Lehrerinnen und Schülerinnen in öffentlichen Pflichtschulen zu verbieten (388/A(E)).
Das "radikal-islamistische Symbol" des Kopftuchs habe in den Schulen "nichts verloren", untermauerte Christoph Steiner (FPÖ) seinen Antrag. Man müsse Parallelgesellschaften und den Einfluss des politischen Islams auch in den Schulen "Einhalt gebieten". Da die Schulen Vorbildfunktion hätten, sei es wichtig, auch die Lehrerinnen in dieses Verbot miteinzubeziehen. Mit ihren Verbotsplänen habe die Bundesregierung das Problem aber nur teilweise erkannt, kritisierte der FPÖ-Mandatar.
Die Bundesregierung setze mit dem von ihr vorgelegten Kopftuchverbot ein "klares Signal", entgegnete Nico Marchetti (ÖVP). Das Tragen eines Kopftuchs vor der Geschlechtsreife sei ein "Symbol des Extremismus" und deshalb abzulehnen. Durch wirksame Begleitmaßnahmen wolle man die Verfassungskonformität sicherstellen. Laut Marchetti solle der Gesetzesentwurf im nächsten Bildungsausschuss Anfang Dezember behandelt werden.
Es komme zunehmend vor, dass Burschen ihren Mitschülerinnen vorschreiben würden, wie diese sich zu kleiden, zu verhalten oder zu äußern hätten. Dies bedeute für diese Mädchen eine massive Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung, betonten die Grünen. Mit einem Entschließungsantrag fordern sie daher die Einrichtung multiprofessioneller, mobiler und interkultureller Unterstützungsteams, die Schulen bei akuten Herausforderungen im Bereich kultureller und religiöser Spannungen sowie Fragen der Gleichstellung unterstützen sollen. Ziel sei es, diese Teams bei Bedarf direkt an Schulen zu entsenden und Schulen vor Ort bei problematischen Fällen zu unterstützen (559/A(E)).
In einem neu eingebrachten Entschließungsantrag machen die Grünen zudem auf die Schule als zentralen Lebensraum aufmerksam, in dem vielfältige soziale und persönliche Herausforderungen sichtbar würden und daher professionelle Unterstützung erforderlich sei. Die aktuell von der Bundesregierung geplanten Reformen zur Suspendierungsbegleitung seien ein "wichtiger Schritt in die richtige Richtung", allerdings würden diese zu kurz greifen, da sie erst dann zum Tragen kämen, wenn ein Problem bereits eskaliert sei. Der Fokus solle daher laut den Grünen auf Prävention und Entlastung gerichtet werden. So wird vom Bildungsminister gefordert, ausreichend Mittel und notwendiges Personal bereitzustellen, sodass Konflikte frühzeitig erkannt und bearbeitet werden können. An jedem Schulstandort solle mindestens eine Vollzeitstelle für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen. Bei kleineren Schulen solle "die Ausstattung anteilsmäßig angepasst" werden. Zudem wird die Aufstockung der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen auf mindestens 500 Vollzeitstellen gefordert (544/A(E)).
Mit ihrer Forderung nach Unterstützungsteams als "Eingreiftruppe" wolle man konkrete Abhilfe für Schulen schaffen, die mit multikulturellen Thematiken konfrontiert seien, hielt Sigrid Maurer (Grüne) fest. Dabei solle es bei Bedarf auch zur Zusammenarbeit mit Religionsgemeinschaften - insbesondere der islamischen Glaubensgemeinschaft - kommen. Im Gegensatz zur juristischen Diskussion rund um ein Kopftuchverbot, handle es sich bei den Vorschlägen der Grünen um effektive Präventionsmaßnahmen. Was den Bedarf an schulpsychologischem und sozialarbeiterischem Personal betrifft, ist man laut Maurer noch weit von einer "vernünftigen Versorgung" entfernt. Die Pläne der Bundesregierung würden diesem Bedarf nicht gerecht werden.
Dem widersprach Agnes Totter (ÖVP). Multiprofessionelle Teams seien wichtig und bereits flächendeckend vorhanden. Dazu zähle auch schulpsychologisches Personal. Ein weiterer Ausbau sei aber vorgesehen. Zur Radikalisierungsprävention gebe es seit 2022 entsprechende Workshops an Schulen, die laufend weiterentwickelt würden, so Totter.
Obwohl man bereits mehr Personal "auf den Weg geschickt" habe, würde sie sich dennoch einen rascheren Ausbau wünschen, unterstrich Fiona Fiedler (NEOS). Angesichts der Ressourcenprobleme "geht hier im Moment nicht mehr", so die NEOS-Abgeordnete.
Katayun Pracher-Hilander (FPÖ) bewertete die Forderungen der Grünen grundsätzlich positiv. Sie könne alles, bis auf die Einbindung der Glaubensgemeinschaft, "unterschreiben". Diese sei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
Die FPÖ weist auf eine strukturelle Ungleichheit bei Absolventinnen und Absolventen von Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) hin: Im Jahr 2024 seien den 7.256 männlichen Absolventen nur 3.222 weibliche Absolventinnen gegenübergestanden. Diese Unterrepräsentation bedeutet für die FPÖ eine verpasste Chance für Wirtschaft und Gesellschaft, weshalb sie die Regierung auffordert, Maßnahmen für mehr Chancengleichheit im technisch-gewerblichen Bildungswesen zu setzen. Dies soll etwa durch Programme zur frühzeitigen Förderung in Volks- und Mittelschulen und Kooperationen mit HTL forciert werden, in denen etwa durch Vorträge, Schnuppertage oder Workshops praxisnahe Einblicke in technische Ausbildungen und Berufe ermöglicht werden sollen (290/A(E)).
Da die Zahl der männlichen Lehrkräfte seit Jahren rückläufig sei, spricht sich die FPÖ in einer weiteren Initiative für eine Attraktivierung des Lehrerberufs für Männer aus. Dazu soll ein Maßnahmenpaket mit Imagekampagnen, Förder- und Mentoring-Programmen für männliche Lehramtsstudierende, Initiativen zur Sichtbarmachung von männlichen Lehrkräften als "Role Models" sowie die Berücksichtigung der Geschlechterverteilung bei der Personalentwicklung und im Schulmanagement beitragen. Männliche Bezugspersonen seien in Bildungseinrichtungen von besonderer Bedeutung, da sie insbesondere für Buben identitätsstiftend wirken würden und so einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit und ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung leisten könnten, heißt es im Antrag (268/A(E)).
In ihrem Antrag gehe es um die frühzeitige Förderung und um ein zwanglosen Wecken von Interesse für technische Berufe für Mädchen, hielt FPÖ-Abgeordnete Lisa Schuch-Gubik fest.
Christian Schandor (FPÖ) ortete "großen Handlungsbedarf", da männliche Pädagogen, etwa in den Volksschulen stark unterrepräsentiert seien. So würden an den heimischen Schulen rund 90.000 Lehrerinnen 36.000 männlichen Kollegen gegenüberstehen. Was den Mädchenanteil in HTL betrifft, hänge dieser stark vom jeweiligen Fachbereich ab.
Für Paul Stich von der SPÖ spricht die FPÖ in ihren Anträgen "wichtige Punkte an". Jedoch habe erst vor kurzem der Gleichbehandlungsausschuss einen Antrag zur Entwicklung von Konzepten zur Förderung der Chancengleichheit von Mädchen im technisch-gewerblichen Bildungswesen einstimmig beschlossen. Zudem gebe es bereits Maßnahmen zur Steigerung des Mädchenanteils an HTL, die "Früchte tragen" würden. Dasselbe gelte für die Attraktivierung des Lehrerberufs für Männer.
Dem schloss sich Romana Deckenbacher (ÖVP) an. Zwar gebe es auch im Jahr 2025 Stereotype zu Rollenbildern, aber auch viele Angebote zur Förderung von Mädchen im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Was den Lehrermangel betreffe, habe man etwa im Regierungsproramm eine Offensive zum Ausbau der Berufsinformation für Männer verankert. Hier gebe es "noch viel zu tun", da der Männeranteil in den Volksschulen nur bei 8 % liege. Im Bereich der Elementarpädagogik seien es sogar nur 3 %.
Auch Sigrid Maurer (Grüne) bewertete die Anträge positiv. Die Grünen-Mandatarin zeigte sich erfreut, dass sich die FPÖ in ihren Anträgen "vom bisher kommunizierten Weltbild entfernt". Die traditionellen Rollenbilder müssten aber schon so früh wie möglich - bereits im Rahmen der Elementarpädagogik - aufgebrochen werden.
Das sah Martina von Künsberg Sarre ähnlich und sprach sich ebenfalls für einen elementarpädagogischen Ansatz aus. Um im MINT-Bereich künftig "etwas weiterzubringen" plädierte die NEOS-Abgeordnete zudem für eine überparteiliche Initiative.
Die deutsche Sprache werde "zunehmend durch künstliche Eingriffe ideologisch" überformt, kritisieren die Freiheitlichen. Das sogenannte Gendern mittels "Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder anderer Sonderzeichen" stelle keine natürliche Entwicklung dar, sondern sei "ein politisch motiviertes Experiment" und führt laut FPÖ in Schulen zu spezifischen Problemen. So würden etwa Schulbücher in gegenderter Sprache das flüssige Lesen "massiv beeinträchtigen" und Kindern mit Lernschwierigkeiten das schnelle Erfassen von Sinn und Inhalt erschweren. Die FPÖ fordert daher, dass in allen approbierten Schulbüchern und "sonstigen Schulmaterialien" die geschlechtergerechte Schreibung ausschließlich nach den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung erfolgen solle. Insbesondere solle auf die Verwendung von Genderzeichen, Gender-Gap-Symbolen, Binnenformen oder sonstigen Sonderzeichen verzichtet werden (504/A(E)).
Da die Praxis den öffentlichen Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung widerspreche, geht es für Antragstellerin Ricarda Berger (FPÖ) darum, sicherzustellen, dass sich in den Schulen und in Lehrbüchern an die Rechtschreibregeln gehalten wird.
Sie bekenne sich zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern, dazu zähle auch geschlechtergerechte Sprache, erklärte Maria Neumann (ÖVP). Das Bildungsministerium bekenne sich dazu, dass beide Formen - also die weibliche und männliche Form - oder eine geschlechtsneutrale Personenbezeichnung in den Unterricht einfließen sollten, so Neumann.
Gute elementare Kinderbildung und -betreuung sei der Grundstein für Chancengerechtigkeit, gesellschaftliche Teilhabe und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, heißt es in einer weiteren Initiative der Grünen. Die durch eine Bund-Länder-Vereinbarung sichergestellten Mittel sollten daher für Qualitätsverbesserungen, mehr Betreuungsplätze, bessere Arbeitsbedingungen und Betreuungsschlüssel und familien-freundlichere Öffnungszeiten eingesetzt werden. Geht es nach Antragstellerin Barbara Neßler (Grüne) soll durch Gespräche zwischen Bund und Ländern erreicht werden, dass diese Mittel vollständig abgerufen sowie zweckentsprechend und flächendeckend eingesetzt werden (557/A(E)). Auch aus wirtschaftlicher Sicht könne sich Österreich keine Verzögerungen beim Ausbau der Kinderbetreuung leisten. Die Bundesländer hätten nun noch ein Jahr zum Ausschöpfen der Mittel Zeit. Die Mittel seien vorhanden, die Gemeinden müssten aber besser bei der Abholung unterstützt werden, forderte Neßler.
Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) verwies auf die Wichtigkeit des Ausbaus für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der geforderte Austausch zwischen Bund und Ländern finde bereits statt, in diesem Rahmen sei auch eine zukünftige sogenannte 15a-Vereinbarung weiterzuentwickeln.
Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) plädierte dafür, die Mittel durch die Bundesländer abzuholen. Der Druck auf die Gemeinden zum Kinderbetreuungsausbau sei hoch. Für eine zukünftige Vereinbarung brauche es aber flexiblere Rahmenbedingungen. (Schluss Bildungsausschuss) med