DAV - Deutscher Anwaltverein e.V.

08/08/2025 | Press release | Distributed by Public on 08/08/2025 00:15

PM 36/25: Selbst­be­stim­mungs­gesetz: Datensammlung unnötig und gefährlich

Berlin (DAV). Das Bundes­in­nen­mi­nis­terium (BMI) will bei Änderungen nach dem Selbst­be­stim­mungs­gesetz (SBGG) die früheren Eintra­gungen dauerhaft speichern und bei zahlreichen behörd­lichen Vorgängen als Information zur Verfügung stellen lassen. Der Deutsche Anwalt­verein (DAV) kritisiert diesen Vorstoß scharf: Datenschutz­rechtlich und mit Blick auf das Grundrecht auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung ist dieses Vorhaben höchst bedenklich. Die Notwen­digkeit ist nicht ersichtlich. Dafür erhöht sich die Gefahr einer wieder­holten Diskri­mi­nierung.

In einem Verord­nungs­entwurf hat das BMI vorgeschlagen, im Falle von Änderungen des Vornamens und Geschlechts­eintrags nach dem SBGG die früheren Eintra­gungen in gesonderten Datenblättern zu speichern. Diese Informa­tionen sollen beispielsweise bei jedem Umzug gegenüber der jeweiligen Anmelde­behörde mitgeteilt werden - um Personen leichter identi­fi­zieren zu können.

"Nicht alles, was 'praktisch' wäre, ist auch rechtmäßig - gerade in puncto Datensammlung", betont Prof. Niko Härting, Vorsit­zender des Ausschusses Informa­ti­onsrecht sowie Vielfalts­be­auf­tragter des DAV. Es gelte der Grundsatz der Datenspar­samkeit - vor allem bei solchen Daten, die eine hohe Gefahr in sich tragen, für Diskri­mi­nie­rungen missbraucht zu werden.

Die geschlechtliche Identität gehört zu den besonderen Kategorien personen­be­zogener Daten im Sinne der DSGVO, geschützt durch das Grundrecht auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung. Eine zu sorglose Streuung solcher Informa­tionen kann großen Schaden anrichten. "Viele irrationale Ängste wurden in den vergangenen Jahren auf trans, inter und nicht-binäre Menschen projiziert - Ängste, die zunehmend in Hass und Gewalt umschlagen. Der Staat sollte es unbedingt vermeiden, diese vulnerable Gruppe von Menschen systematisch zu outen, wenn er seiner Schutz­pflicht nachkommen möchte", mahnt Härting.

Es fehle auch schlicht an der Notwen­digkeit einer gesonderten Datensammlung und -übermittlung, die sich durch die Einführung des SBGG ergeben haben könnte, wie der DAV-Vielfalts­be­auftrage erläutert: "Änderungen von Geschlechts­ein­trägen und Vornamen sind bereits seit dem Inkraft­treten des damaligen Transse­xu­el­len­ge­setzes im Jahr 1981 möglich und Realität. An der Identi­fi­zier­barkeit dieser Personen hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gemangelt - auch weil sich etwa die Steuer-ID nicht ändert." Ein Mehrwert durch die zusätz­lichen Datenblätter und die wieder­kehrende Streuung dieser Daten sei nicht erkennbar - eine Diskri­mi­nie­rungs­gefahr umso mehr.

Auch die Regelung im Verord­nungswege ist bedenklich, da es an parlamen­ta­rischer Kontrolle fehlt.
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