CAU - Christian-Albrechts-Universität

09/17/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/17/2025 04:27

CAU-Spinoff „AERO MATERIALS“ geht mit Nanowerkstoff an den Start

Mit einem Material, das zu mehr als 99,9 Prozent aus Luft besteht, will das neue Startup "AERO MATERIALS" technische Bewegungsabläufe und Luftdrucksysteme optimieren. Entwickelt wurde der extrem leichte Werkstoff über ein Jahrzehnt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in der Arbeitsgruppe von Professor Rainer Adelung. Jetzt bringt das Team die Nanostruktur aus dem Labor auf den Markt. Seit September 2025 ist die AERO MATERIALS GmbH als eigenständiges Unternehmen aktiv.

"Unsere Aeromaterialien sind so leicht, dass man sie in der Hand kaum spürt", sagt Rainer Adelung, Professor für Materialwissenschaften an der CAU. "Gleichzeitig sind sie so funktional, dass sie ganze Systeme ersetzen können. Für viele Anwendungen ist das ein echter Gamechanger."

Der neuartige Werkstoff eröffnet vier zentrale Einsatzbereiche: Aktorik, in der sich Bewegungen schnell, präzise und energieeffizient auslösen lassen; Filtration, in der die leitfähigen, offenporigen Strukturen selbstreinigende Filter erschließen; Optik, bei der das Material Licht gezielt lenkt und streut und so besonders energiesparende Beleuchtungslösungen ermöglicht; sowie die elektromagnetische Abschirmung sensibler Elektronik - etwa in Drohnen oder anderen mobilen Geräten, bei denen es auf jedes Gramm ankommt.

Ein Gerüst fast nur aus Luft

Aeromaterialien basieren auf tetrapodalen Zinkoxid (t-ZnO) Strukturen - winzige Partikel, die wie vierarmige Sterne aussehen. Diese Grundstruktur formen die Forschenden zu einem dreidimensionalen Gerüst und tränken es mit einer Mischung aus Wasser und Graphen - das ist eine einzige Lage von Kohlenstoffatomen - oder mit Silikat, dem Grundstoff für Glas. Danach entfernen sie das Zinkoxid chemisch. Übrig bleiben Hohlröhren mit ultradünnen Wänden im Nanobereich. Sie formen ein offenes Netzwerk aus reinen Graphenplatten oder Glasstrukturen mit einer extrem niedrigen Dichte, wodurch es fast vollständig aus Luft besteht. Die Offenporigkeit bleibt dabei erhalten, sodass Luft und Flüssigkeiten weiterhin ungehindert hindurchströmen können.

Schnell, präzise und energieeffizient Bewegungen auslösen

Den ersten Markt will das Team in der Aktorik erschließen - etwa bei Bauteilen, die elektrische Signale in Bewegung umwandeln. Speziell in der Mikropneumatik, bei der kleinste Luftströme genutzt werden, um Maschinenbauteile präzise zu bewegen, soll der neuartige Nanostoff zum Einsatz kommen: Graphen ist extrem leicht, leitfähig und stabil. Fließt Strom durch die Struktur, erhitzt sie sich innerhalb von Millisekunden. Die eingeschlossene Luft dehnt sich aus und setzt eine mechanische Kraft frei - etwa zum Schneiden, Bewegen oder Schalten in automatisierten Systemen. Ein Werkstoff mit nur wenigen Milligramm Eigengewicht kann dabei bis zu 2 Kilogramm anheben.

Im Unterschied zu herkömmlichen pneumatischen Systemen erfordert die Technologie keinen externen Kompressor. Bewegung entsteht direkt mit dem Material, ohne Schläuche, Ventile oder aufwendige Infrastruktur. "Das senkt den Wartungsaufwand und erlaubt besonders kompakte, flexible Konstruktionen - etwa für robotische Anwendungen", sagt Caprice Mohr, technische Geschäftsführerin und Masterstudentin in Rainer Adelungs Gruppe. Für die Entwicklerinnen und Entwickler ist das eine energieeffiziente und nachhaltige Alternative zu klassischen Lösungen.

Erste Tests waren erfolgreich

In Kooperation mit Industriepartnern testete das Team den Einsatz des Materials auch in anderen Bereichen, etwa als Lautsprechermembran. Dabei wird die Struktur elektrisch angesteuert und beginnt zu vibrieren - ähnlich wie herkömmliche Membranen, aber mit deutlich weniger Masse. So kann sie den gesamten hörbaren Frequenzbereich abdecken und gleichzeitig besonders schnell und präzise reagieren.

Auch im Bereich der Filtration bietet der Stoff Vorteile: Staub- und Schmutzpartikel, die sich in der leitfähigen Struktur ablagern, lassen sich einfach ausbrennen. Ein Prototyp für selbstreinigende Filter bestand bereits einen erfolgreichen Testeinsatz im Flugzeug.

Ausgründung aus der Forschungsgruppe "Funktionale Nanomaterialien"

Zwischen 2015 und 2025 wurden mehrere Patente erteilt, die bei der CAU liegen. Mit Kapitalausstattung für die ersten Jahre fokussiert sich das Team nun auf erste Pilotkunden und den Weg zur Serienreife. Begleitet wurde die Ausgründung von der Abteilung Technologietransfer, die unter anderem bei Schutzrechten unterstützten.

Hinter AERO MATERIALS stehen Caprice Mohr, derzeit Masterstudentin an der CAU und technische Geschäftsführerin des Startups, sowie Niklas Dreiskämper als kaufmännischer Geschäftsführer. Im technischen Team arbeiten zudem Kollegen aus Rainer Adelungs Forschungsgruppe. Die Ausgründung wurde entscheidend durch das Engagement einer Investorengruppe ermöglicht, der unter anderem Kai Kruse und Dr. Jörg Haupt angehören. Angesiedelt ist das Startup in direkter Nachbarschaft zur Technischen Fakultät und nutzt die Forschungsinfrastruktur der Universität. Rainer Adelung begleitet das Unternehmen im Beirat.

CAU - Christian-Albrechts-Universität published this content on September 17, 2025, and is solely responsible for the information contained herein. Distributed via Public Technologies (PUBT), unedited and unaltered, on September 17, 2025 at 10:27 UTC. If you believe the information included in the content is inaccurate or outdated and requires editing or removal, please contact us at [email protected]