05/15/2025 | News release | Distributed by Public on 05/15/2025 07:26
In der 8. Runde haben die Arbeitgeber endlich ein nachgebessertes Angebot vorgelegt, das keine Einschnitte mehr in die Gehaltsstufensystematik vorsieht. Erstmals seit Beginn der Verhandlungen zeichnet sich damit eine mögliche Annäherung ab.
Laut ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel hat die anhaltende Streikbereitschaft entscheidend dazu beigetragen, dass die Verhandlungen mit dem Zeitungsverlegerverband wieder in Bewegung gekommen sind. Beide Seiten hätten sich spürbar angenähert - nun werde intensiv über eine mögliche Tarifeinigung beraten. Klar sei jedoch: "(...) dass das Ergebnis maßgeblich besser als vorherige Angebote der Arbeitgeber sein muss. Über Schritte hin zu entsprechenden Verbesserungen bei Festbetragserhöhung, linearer Erhöhung und Einmalzahlung und Laufzeit wurde eine zunächst vertrauliche Beratung in den Tarifgremien vereinbart. Die ver.di-Tarifkommission wird sich für den Fall des Scheiterns dieser Kompromisssuche alle Arbeitskampfoptionen offenhalten."
"Klar ist schon jetzt, die Streikbilanz ist nach Anzahl der Streiktage und der sich daran beteiligenden Redaktionen stärker als in den vorherigen Tarifrunden. Dies muss sich auch in einem besseren Tarifabschluss als in Vorjahren widerspiegeln"
ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel"Der Arbeitskampf in den Zeitungsredaktionen richtet sich vor allem gegen Tarifeinschnitte bei der nach Berufsjahren gestaffelten Einkommensentwicklung, die von den Verlegern gefordert werden. In der neunstündigen Verhandlungsrunde hat der Verlegerverband die Bereitschaft gezeigt, von diesen Tarifeinschnitten abzurücken. Keine Einigung konnten wir am Ende über angemessene Tariferhöhungen erreichen. Die Tarifrunde biegt in die richtige Spur ein", erklärte der ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel.
So hat die Verlegerseite im Laufe der siebten Runde erkennen lassen, dass der Verband auf die Streichung von Berufsjahresstufen verzichten werde, wenn eine Gesamteinigung vereinbart werden würde. Die Gewerkschaften haben sich aufgrund dieser Verhandlungsbereitschaft in intensiven Gesprächen über mehrstufige Tariferhöhung in einer Gesamtlaufzeit von weniger als 36 Monaten mit dem BDZV auseinandergesetzt. Am Ende konnte jedoch noch kein Ergebnis erzielt werden.
Neben ver.di nahm auf Gewerkschaftsseite auch der Deutsche Journalisten-Verband an der Verhandlung teil, die in München stattgefunden hat. Zusammen hatten die Gewerkschaften in den beiden Wochen vor der Verhandlung in 27 tarifgebundenen Zeitungsredaktionen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern zum teils mehrtägigen Warnstreik aufgerufen. In Augsburg hatte ein Streikkundgebung mit Redakteurinnen und Redakteuren aus bayerischen Zeitungsverlagen am 11. April stattgefunden.
Die Tarifrunde wird voraussichtlich im Mai fortgesetzt. Ein Termin wurde noch nicht festgelegt.
Findet der Lösungsvorschlag auf allen Seiten Zustimmung, wollen die Tarifparteien am 30. Mai ein Gesamtergebnis präsentieren. Bis dahin berät auch die Tarifkommission der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju in ver.di) intern über den Vorschlag.
"Klar ist schon jetzt: Die Streikbilanz ist nach Anzahl der Streiktage und der sich daran beteiligenden Redaktionen stärker als in den vorherigen Tarifrunden. Dies muss sich auch in einem besseren Tarifabschluss als in Vorjahren widerspiegeln", betonte von Fintel.
Die Tarifverhandlungen ziehen sich seit Mai 2024 hin - begleitet von mehreren Warnstreikwellen in Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Kernkonflikte sind Reallohnverluste, massive Eingriffe in die Berufsjahresstaffeln sowie der Umgang mit generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in Redaktionen. ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel kritisierte: "Mit diesem massiven Bremsklotz einer Vorbedingung der Verleger […] konnte heute keine konstruktive Verhandlung stattfinden."
Erst in der siebten Runde am 14. April 2025 signalisierten die Arbeitgeber erste Bewegung. Vorausgegangen waren Streiks im April in 27 Verlagen und die Proteste zu Beginn der siebten Verhandlungsrunde am Verhandlungsort durch eine Streikdelegation der Süddeutschen Zeitung.
Ein Blick auf die vergangenen Jahre zeigt: Tarifrunden in der Zeitungsbranche sind erfahrungsgemäß langwierig und konfliktbeladen. Nach Daten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung dauerte eine Tarifrunde für Redakteur*innen an Tageszeitungen in den letzten 20 Jahren im Schnitt sieben Verhandlungsrunden - teils über viele Monate hinweg. Auch die aktuelle Runde läuft bereits seit einem Jahr.
Hinzu kommt eine zunehmend angespannte wirtschaftliche Lage: Laut WSI-Analyse lagen die tariflichen Gehälter der Redakteur*innen im Jahr 2024 inflationsbereinigt um über 12 Prozent unter dem Niveau von 2000 - ein drastischer Reallohnverlust. Gleichzeitig nimmt die Tarifflucht weiter zu: Immer mehr Verlage schließen sich dem BDZV ohne Tarifbindung an. Nach Angaben der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju in ver.di) erhalten Beschäftigte in solchen Häusern häufig 15 bis 20 Prozent weniger Gehalt und arbeiten unter schlechteren Bedingungen.
Ein weiterer Streitpunkt ist der Umgang mit KI-Systemen in Redaktionen. Während ver.di klare tarifliche Regelungen, Mitbestimmung und Beteiligung an Effizienzgewinnen fordert, lehnt der BDZV entsprechende Vereinbarungen bislang grundsätzlich ab.
"Mit immer weniger Kolleg*innen müssen wir mehr Kanäle online und die Zeitungsausgabe produzieren. Die gestiegene Produktivität wird von den Verlegern überhaupt nicht anerkannt und vergütet."
Peter Freitag, Redakteur Rheinische RedaktionsgemeinschaftDer Verlegerverband habe keine Vision, wie Journalist*innen noch für den anspruchsvollen und für die Gesellschaft so wichtigen Zeitungs-Job noch zu gewinnen sein sollen, so der Redakteur und stellvertretende Vorsitzdende der dju. "Er verhält sich in Tarifverhandlungen losgelöst von unseren Problemen in den Redaktionen."
Nicht nachvollziehbar sei auch, sich "dem aktuell drängenden Thema Einsatz von KI zu verweigern", erklärte Matthias von Fintel. "Aus dem Journalismus ist KI nicht mehr wegzudenken". ver.di fordert klare Regelungen zum KI-Einsatz, die zur stärkeren Autonomie der Zeitungsjournalist*innen beim Einsatz der Instrumente, mehr Mitbestimmung beim KI-Einsatz und Beteiligung an den zu erwartenden Effizienzerlösen führen sollen. "Der BDZV agiert mit tarifpolitischen Scheuklappen. Zulasten von Journalistinnen und Journalisten, für deren Arbeit es keine klaren Grundregeln dazu gibt, wie über die KI-basierte Verwendung eigener Beiträge in den Redaktionssystemen mitbestimmt werden kann."
"Die Öffentlich-Rechtlichen haben den Auftrag, den freiheitlich-demokratischen Rechtstaat und seine Institutionen zu stärken."
Auf die gewerkschaftlichen Forderungen nach 9,5 Prozent Tariferhöhung, hat der MVFP ein im Vergleich zum Vormonat nun nachgebessertes Angebot vorgelegt.
Als Vertriebspartner soll weiterhin der Deutsche Pressevertrieb (DPV), ein Gruner+Jahr-Unternehmen, dienen.