09/30/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/30/2025 00:02
Quellenangabe © Maskot/F1online
30.09.2025
Die Basis für eine gute frühkindliche Bildung ist pädagogisch qualifiziertes Personal. Doch in den meisten Bundesländern geht der Anteil an Fachkräften in den Kita-Teams weiter zurück. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Kommunen, auch innerhalb eines Bundeslandes. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist der anhaltende Kostendruck der Kommunen. Es braucht eine verlässliche Mitfinanzierung von Bund und Ländern sowie einheitliche Personalstandards.
Der Anteil an Kitas, in denen vergleichsweise viele einschlägig qualifizierte Fachkräfte arbeiten, ist von 2023 zu 2024 in zehn Bundesländern gesunken. Am stärksten fiel der Rückgang in Bremen, im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern aus. In fünf Ländern gab es zumindest einen leichten Anstieg, den größten davon in Sachsen. Das geht aus unserer neuen Auswertung hervor. Dass der Anteil von Kitas mit hoher Fachkraft-Quote sinkt, hatten wir in unserem Ländermonitoring 2024 bereits für den Zeitraum von 2017 bis 2023 ermittelt (siehe Zusatzinformationen im Abschnitt "Materialien", Reiter "Infos"). Dieser Trend gefährdet eine Errungenschaft des deutschen Kita-Systems: Denn im internationalen Vergleich liegen die Fachkraft-Quoten in den Einrichtungen der frühkindlichen Bildung bislang über denen in vielen anderen EU-Ländern.
Auf kommunaler Ebene zeigen die Daten bemerkenswerte Unterschiede: Die zehn Kreise beziehungsweise kreisfreien Städte, die den höchsten Anteil an Kitas mit hoher Fachkraft-Quote aufweisen, liegen in den ostdeutschen Bundesländern, während die zehn Kreise mit dem niedrigsten Anteil allesamt in Bayern zu finden sind. Eine hohe Fachkraft-Quote erreichen im Landkreis Sömmerda in Thüringen 94,3 Prozent der Kita-Teams, was bundesweit den Spitzenwert markiert. Den letzten Platz belegt der Landkreis Augsburg in Bayern, wo der Anteil von Kitas mit einer hohen Fachkraft-Quote nur 2,3 Prozent beträgt.
Die Spannweite fällt auch innerhalb der Bundesländer groß aus. In Hessen zum Beispiel weist der Landkreis Hersfeld-Rotenburg mit 66,2 Prozent den höchsten Anteil an Kita-Teams mit hoher Fachkraft-Quote auf, die Stadt Offenbach mit 9,1 Prozent den niedrigsten - eine Differenz von 57,1 Prozentpunkten. Mit 53 Prozentpunkten ähnlich groß ist der Abstand in Nordrhein-Westfalen zwischen dem Landkreis Höxter (62 Prozent) und der Stadt Mönchengladbach (9 Prozent). Die Daten zu allen Kreisen und kreisfreien Städten gibt es hier.
Die sinkenden Fachkraft-Quoten lassen sich vor allem darauf zurückführen, dass immer mehr Angehörige anderer Berufsfelder pädagogische Aufgaben in einer Kita übernehmen dürfen, etwa Geburtshelfer:innen oder Krankengymnast:innen. So lässt sich leichter neues Personal gewinnen, um mehr Kita-Plätze anbieten zu können. Inzwischen bezeichnen alle Bundesländer - in unterschiedlicher Ausgestaltung - auch Berufsgruppen ohne fachlich einschlägige Qualifikation als Fachkräfte. Das belegt eine weitere aktuelle Analyse, in der wir die Landesgesetze und Personalverordnungen für den Kita-Bereich von 2019 bis 2025 untersuchen ließen.
"Neue Berufsgruppen für die Kitas zu gewinnen, ist grundsätzlich gut. Aber darunter darf die Professionalität nicht leiden. Um das Aufwachsen, Lernen und die Entwicklung der Kinder individuell zu fördern, braucht es die nötige pädagogische Qualifikation", sagt Anette Stein, unsere Expertin für frühkindliche Bildung. Der Zusammenhang zwischen Fachkraft-Quote und Kita-Qualität ist wissenschaftlich belegt.
Das Aufweichen des Fachkraft-Begriffes sehen unsere Expertinnen daher kritisch - und verweisen darauf, dass die Entwicklung zum großen Teil dem Kostendruck im System geschuldet ist. Denn Mitarbeitende mit niedrigerer Qualifikation kosten die Träger weniger. Das betrifft Kitas in kommunaler, aber auch in freier Trägerschaft, da diese auf Zuschüsse der Kommunen angewiesen sind. "Angesichts knapper Kassen ist die Versuchung groß, an der Kita-Qualität zu sparen - ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen", mahnt Stein.
Um die Kita-Qualität zu sichern, empfehlen wir daher, die rechtlichen wie finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern:
"Wenn wir gute Kitas für alle Kinder wollen, müssen Bund und Länder konsequent in die Qualität investieren und die professionellen Standards erhalten", sagt Stein. Mit unserer vor wenigen Tagen gestarteten Initiative "Es geht um jedes Kind!" möchten wir daher dieses Thema stärker in die öffentliche Diskussion bringen.
Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.)
Zusatzinformationen
Eine hohe Fachkraft-Quote ist dann gegeben, wenn mindestens 82,5 Prozent des pädagogischen Personals in einer Kita mindestens einen einschlägigen Fachschulabschluss aufweisen. Dieser Wert basiert auf einer Empfehlung der Arbeitsgruppe Frühe Bildung des Bundesfamilienministeriums.
Für die Auswertung wurden Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik (Stichtag 1. März 2024) ausgewertet. Für die Analyse der regionalen Fachkraft-Quote waren in Bayern aus Datenschutzgründen seitens des Statistischen Bundesamtes nur von 46 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte die Daten zugänglich. Die Berechnungen haben das Österreichische Institut für Familienforschung an der Universität Wien und wir durchgeführt.
Unter einschlägig qualifizierten Fachkräften sind Kita-Mitarbeitende mit einem der folgenden Abschlüsse gemeint: Diplom-Sozialpädagog:in, Diplom-Sozialarbeiter:in, Diplom-Erziehungswissenschaftler:in, Diplom-Pädagog:in, (Diplom-)Heilpädagog:in, staatlich anerkannte:r Kindheitspädagog:in, Erzieher:in, Heilerzieher:in, Heilerziehungspfleger:in.
Die Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zwischen 2019 und 2025 sowie ihre Bedeutung für die Professionalisierung frühkindlicher Bildung haben Prof. Dr. Nikolaus Meyer und Wiebke Buballa vom Institut für personenzentrierte Hilfen der Hochschule Fulda analysiert. Weitere Informationen finden Sie hier.
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Frühkindliche Bildung