05/28/2025 | Press release | Archived content
28.05.2025 Ein Gastbeitrag von Christian Farra* 7 min Lesedauer
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Der Batteriepass kommt! Bereits ab dem 18. August 2025 gelten für alle Elektrofahrzeug- und Industriebatterien mit einer Kapazität von über zwei kWh in der EU Sorgfaltspflichten, um eine verantwortungsvolle und nachhaltige Beschaffung und Verwaltung von Rohstoffen in ihren Batterie-Lieferketten sicherzustellen.
Die Elektromobilität nimmt weltweit an Fahrt auf, wodurch die Nachfrage nach leistungsfähigen und nachhaltigen Batterien steigt. Um die Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Batterien zu erhöhen und den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, kommt bald der sogenannte Batteriepass. Dieses digitale Dokument soll die Herkunft, Zusammensetzung, Nutzung und das Recycling von Batterien transparent und nachvollziehbar machen.
Der Sinn des Batteriepasses
Beim Batteriepass handelt es sich um ein digitales Informationssystem, das wesentliche Daten einer Batterie enthält. Er dokumentiert unter anderem die Rohstoffquelle und Lieferkette, die CO₂-Bilanz, die chemische Zusammensetzung, die Produktionsstandorte und -prozesse, die Nutzung, die Ladezyklen sowie die Recycling- und Wiederverwendungsmöglichkeiten. Die Idee dahinter ist, einen einheitlichen Standard für die gesamte Batteriewertschöpfungskette zu schaffen. So erhalten nicht nur die Hersteller, sondern auch die Endverbraucher und Recyclingunternehmen wertvolle Informationen über die Batterien.
Ein Beispiel ist die Wiederverwendung von Batterien aus Elektrofahrzeugen für stationäre Energiespeicher. Wenn eine Batterie ihr Lebensende im Auto erreicht hat, dokumentiert der Batteriepass genau, ob sie sich noch für einen zweiten Lebenszyklus in einem Stromspeicher eignet. In Elektroautos sind hohe Leistungsanforderungen notwendig, insbesondere für schnelle Beschleunigung und große Reichweiten. Fällt die Kapazität der Batterie mit der Zeit unter eine bestimmte Schwelle (etwa 70 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität), gilt sie zwar für den Fahrzeugeinsatz als nicht mehr effizient genug, bietet aber weiterhin eine ausreichende Restkapazität für andere Systeme.
Ebenso hilft der Pass Unternehmen, ineffiziente oder besonders umweltbelastende Lieferketten zu erkennen und nachhaltiger zu gestalten. Stammt etwa ein Rohstoff für die Batterie aus einer Mine, die beim Abbau übermäßig viel Wasser verschwendet, lässt sich diese Lieferquelle anhand der Daten im Pass genau identifizieren. Dann kann der Hersteller zu einem nachhaltigeren Lieferanten wechseln.
Das soll den verantwortungsvollen Umgang mit Rohstoffen fördern und das Recycling erleichtern. Zudem hilft der Pass Unternehmen dabei, regulatorische Anforderungen einzuhalten, etwa die neuen EU-Vorschriften zur Batterieverordnung. Aber auch die Endverbraucher erhalten so wichtige Informationen über die Lebensdauer und Sicherheit der Batterien, die etwa in ihren E-Autos stecken. Nicht zuletzt kurbelt der Batteriepass die Kreislaufwirtschaft an und reduziert langfristig die Kosten für die Rohstoffgewinnung.
Diese Unternehmen sind von dem Pass betroffen
Der Batteriepass erfordert eine lückenlose Rückverfolgbarkeit des gesamten Lebenszyklus einer Batterie, daher gilt er für sämtliche Akteure entlang der Wertschöpfungskette:
Durch diese Transparenz entlang der ganzen Lieferkette lassen sich zum Beispiel auch Fälschungen verhindern und Materialquellen besser kontrollieren.
Gesetzlicher Hintergrund und Rahmenbedingungen
Der Batteriepass soll ab Februar 2027 verpflichtend gelten. Er betrifft alle Industrie- und Antriebsbatterien mit einer Kapazität von über zwei kWh in Elektrofahrzeugen, die in der EU neu auf den Markt kommen. Er muss vollständige Informationen über den Lebenszyklus der Batterie enthalten, einschließlich Angaben zu Recycling und Wiederverwendung, sowie strengere Anforderungen an den CO₂-Fußabdruck erfüllen.
Der Pass ist Teil der EU-Batterieverordnung, die bereits seit 17. August 2023 in Kraft ist. Diese reguliert die gesamte Lebensdauer von Batterien - von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis zum Recycling. So soll die Batterieproduktion transparenter, umweltfreundlicher und fairer ablaufen.
Wie bereits erwähnt, müssen alle Elektrofahrzeug- und Industriebatterien in der EU ab dem 18. August 2025 die neuen Sorgfaltspflichten erfüllen. Diese sollen auch durch Audits von Dritten überprüft werden. Ab dem 18. August 2026 müssen Batterien dann mit einem Etikett oder QR-Code versehen sein, auf dem die Kapazität, Leistung, Haltbarkeit, chemische Zusammensetzung und der CO₂-Fußabdruck stehen.
Die Rolle von Stammdaten im Batteriepass-Ökosystem
Der Batteriepass enthält Details über die verwendeten Rohstoffe, deren Herkunft sowie die mit der Förderung verbundenen Umwelt- und Sozialauswirkungen. Ebenso informiert er über Leistung, erwartete Lebensdauer und Recyclingfähigkeit. Beim Austausch einer Fahrzeugbatterie etwa ermöglicht der Pass, eine Entscheidung über eine Weiternutzung oder das Recycling zu treffen. Ähnlich könnte ein Batteriepass für Haushaltsbatterien Informationen über recyceltes Material oder chemische Bestandteile bereitstellen, um die Kreislauffähigkeit zu verbessern.
Um jedoch alle relevanten Daten zu erfassen und ordnungsgemäß zu verwalten, stehen Unternehmen - insbesondere in der Automobilbranche - vor der Herausforderung, eine Brücke zwischen den dynamischen Lebenszyklusdaten (siehe Kasten unten) und den oft verstreuten statischen Daten aus der Lieferkette zu schlagen. Obwohl viele Firmen über eine "Connected Car"-Strategie verfügen (hierbei ist das Fahrzeug via Internet oder Funk mit anderen Geräten oder Diensten verbunden und so in der Lage, Daten auszutauschen) und die Lebenszyklusdaten einer Batterie bereits vorliegen haben, fehlen häufig die integrierten statischen Daten der Lieferkette.
Ergänzendes zum Thema
Auf einen Blick: Folgende Daten kann der Batteriepass abbilden
Statische Daten:
Dynamische Daten:
Informationen zu Lebensdauerende und Recycling: Daten zum Recyclingstatus, zu Second-Life-Anwendungen oder zur Entsorgung
Das erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Akteure. Hier kommt das Stammdatenmanagement ins Spiel: Die für den Batteriepass relevanten Informationen sind oft über verschiedene Systeme verteilt und müssen an einem zentralen Ort konsolidiert werden. Chief Data Officers (CDOs) und Chief Sustainability Officers (CSOs) spielen eine Schlüsselrolle, indem sie eine zuverlässige Datenstruktur aufbauen, Redundanzen eliminieren und die Datenqualität sicherstellen.
Ein leistungsfähiges Master-Data-Management-System (MDM) kann als zentrale Plattform für die Verwaltung der Batteriepass-Daten dienen. Durch die Anbindung an ein CRM-System (erfasst Garantien, Rückrufe und Wartungshistorien einer Batterie), das Supply-Chain-Management (verfolgt den Fluss von Rohstoffen und Komponenten entlang der Lieferkette), sowie Enterprise Resource Planning (ERP) und Product Lifecycle Management (PLM), können alle Beteiligten stets auf aktuelle und konsistente Informationen zugreifen.
Außerdem entsteht so eine 360-Grad-Sicht auf jede Batterie, einschließlich lückenloser Rückverfolgbarkeit und Historie sowie präziser Informationen zu den Materialien, Lieferanten, Standorten und der Nachhaltigkeit. So erfüllen Unternehmen nicht nur die regulatorischen Anforderungen, sondern können auch ihre internen Prozesse optimieren und Nachhaltigkeitsziele effizienter erreichen.
Oft ist eine Multidomain-MDM-Lösung unerlässlich, um die komplexen Beziehungen zwischen Batteriedaten, Lieferanten, Materialien und Standorten zu verwalten. Eine solche Lösung ermöglicht es Organisationen, alle relevanten Daten zentral zu pflegen; vollständige oder fehlerhafte Daten entstehen erst gar nicht, was die Einhaltung von Vorschriften wie der EU-Batterieverordnung und der Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) erleichtert.
KI sichert die Qualität der Batteriedaten
Die steigende Datenkomplexität rund um den Batteriepass stellt Unternehmen vor Herausforderungen: Rohstoffherkunft, Produktionsprozesse, Recyclingfähigkeit und Umweltbilanzen müssen lückenlos dokumentiert und über verschiedene Systeme hinweg konsistent gehalten werden. Hier kann KI eine entscheidende Rolle spielen.
Besonders generative KI (GenAI) revolutioniert das Datenmanagement, indem sie Prozesse automatisiert und die Qualität der Batteriedaten sichert. Sie kann relevante Informationen aus verschiedenen Quellen intelligent zusammenführen, Inkonsistenzen aufdecken und bereits geprüfte Daten effizient abgleichen. Dadurch werden Zertifizierungsanforderungen und regulatorische Vorgaben leichter erfüllt. Moderne KI-gestützte Systeme helfen Unternehmen zudem, den Datenfluss entlang der Lieferkette nahtlos zu verwalten. So entstehen präzisere Einblicke in Materialherkunft, Produktionsbedingungen und Nachhaltigkeitsaspekte - eine wertvolle Grundlage für strategische Entscheidungen und die Einhaltung von Sorgfaltspflichten.
Zukunftsperspektiven und Handlungsbedarf
Mit der verpflichtenden Einführung des Batteriepasses ab 2027 zählt es für Unternehmen zum Pflichtprogramm, frühzeitig eine umfassende Datenstrategie zu entwickeln. Die Integration des Batteriepasses in bestehende ESG-Richtlinien (Environmental, Social, Governance) ist nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um digitale Lösungen zu implementieren, die eine nahtlose Erfassung, Verwaltung und Weitergabe von Batteriedaten ermöglichen. Ein proaktiver Ansatz stellt sicher, dass Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern sich auch einen Wettbewerbsvorteil durch höhere Transparenz und nachhaltige Innovationen verschaffen. (sb)
* Christian Farra ist ein international anerkannter Fachmann für Datenmanagement und arbeitet als Director & Practice Leader Data Supply Chain in Retail and Manufacturing beim Datenmanagementspezialisten Informatica. Im Bereich der Lieferkette treibt er durch Master Data Management (MDM), Data Governance (DG), Datenintegration (DI) und künstliche Intelligenz (KI) die Go-to-Market-Strategie von Unternehmen voran und bewirkt so erhebliche Geschäftsumwandlungen. Im Mittelpunkt steht für ihn der Aufbau einer interdisziplinären Community of Practice, die die Fachkenntnisse aus Vertrieb, Marketing und den Produktteams mit denen der Kunden und Partner verbindet. Er ist seit 2013 bei Informatica, wo er mehrere Positionen im Presales durchlief. Vorher war er neun Jahre bei der Heiler Software AG tätig, die im Oktober 2012 von Informatica übernommen wurde. Er hält ein Informatik-Diplom der Hochschule Furtwangen sowie einen MBA International Management & Innovation des Steinbeis Center of Management and Technology.
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