S&D - Group of the Progressive Alliance of Socialists & Democrats

10/23/2024 | Press release | Distributed by Public on 10/23/2024 06:20

Die S&D-Fraktion fordert von Polen die Aufhebung des Abtreibungsverbots und bekräftigt Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung weiterhin als oberste Priorität

Auf Antrag der S&D-Fraktion debattiert das Europäische Parlament heute über die mangelnden Fortschritte beim Abtreibungsrecht in Polen. Ein Jahr nach der Wahl, bei der PiS die Macht verloren hat, hat Polen noch immer eins der drakonischsten Abtreibungsgesetze in Europa.*

Eine dreijährige Untersuchung des UN-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau kam zu dem Ergebnis, dass das nahezu vollständige Abtreibungsverbot in Polen zu schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverstößen, etwa zu schwerem körperlichem und seelischem Leid bei Frauen, führt, das bis zur Folter reichen kann.** Der UN-Ausschuss empfiehlt Polen, die Abtreibung zu legalisieren und komplett zu entkriminalisieren.

Die S&D-Fraktion wird weiter dafür kämpfen, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die einhergehenden Rechte (SRGR) in der EU und in aller Welt geschützt werden und gewahrt bleiben. Sie ruft Polen dazu auf, das derzeitige Abtreibungsverbot und alle Beschränkungen unverzüglich aufzuheben.

Joanna Scheuring-Wielgus, Sprecherin der S&D-Fraktion für Frauenrechte, sagte:

"Ich begrüße die Nachricht, dass die Debatte stattfinden kann, da sie zunächst von unseren politischen Gegnern in diesem Haus blockiert wurde. Ich bin froh, dass Manfred Weber und die von ihm geführte EVP-Fraktion verstanden haben, dass sich die Diskussion über Frauenrechte lohnt. Ich zähle darauf, dass sich die EVP unserem Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter anschließt. Wir müssen uns gemeinsam gegen die extreme Rechte und die Anti-Gender-Bewegung sowie ihre Angriffe auf die Frauenrechte in Polen, Europa und der Welt stellen.

Es ist zutiefst frustrierend und auch vollkommen inakzeptabel, dass ein Jahr nach der Wahl das nahezu vollständige Abtreibungsverbot in Polen immer noch in Kraft ist. Polnische Frauen und junge Menschen, die massiv für einen Wandel gestimmt haben, fühlen sich verraten. Alle Bemühungen der Lewica (S&D) um eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sind im polnischen Parlament an der mangelnden Unterstützung durch Mitglieder der Regierungskoalition 'Der Dritte Weg' (Renew/EVP) und der konservativen Opposition, zu der auch die PiS (EKR) gehört, gescheitert.

Wir werden jedoch nicht ruhen, bis polnische Frauen Zugang zu einem legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch haben. Die Schlussfolgerungen in dem UN-Bericht bestärken uns darin, dass dies der einzige Weg ist, um die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte polnischer Frauen zu gewährleisten."

Lina Gálvez, sozialdemokratische Vorsitzende im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenrechte, fügte hinzu:

"Die zunehmende Einschränkung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte besorgt mich sehr. Hier geht es nicht nur um die Frage der Gesundheit von Frauen, sondern auch um Grundrechte. Keine Regierung und kein Gesetz darf Frauen die Freiheit nehmen, über ihr eigenes Leben und ihren Körper zu entscheiden.

Anti-Gender-Kampagnen sind ein zentraler Aspekt der antidemokratischen Kräfte in Europa. Deswegen müssen die proeuropäischen und prodemokratischen Kräfte die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter in den Vordergrund ihres politischen Handelns stellen, so wie wir in der S&D-Fraktion es tun. Dazu gehört auch, die Unterrepräsentation von Frauen in Entscheidungspositionen zu beenden.

Ich bin über die jüngsten Entwicklungen bei der Geschlechtergleichstellung in unseren Institutionen alarmiert. Wir sehen nicht nur erstmals weniger Frauen im Europäischen Parlament, auch in der neuen Europäischen Kommission wird es ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern geben. Wir sind die einzige Parteienfamilie, die auf Parität setzt, mit zwei Frauen und zwei Männern als designierte Kommissionsmitglieder. Die neue, von der gewählten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene Kommission sieht auch keine spezielle Gleichstellungskommissarin vor, was ein Rückschritt gegenüber 2019 ist.

Für uns kann das nur eins bedeuten: Wir als S&D-Fraktion werden unsere Anstrengungen verdoppeln und die Themen Gleichstellung und Frauenrechte als oberste Priorität in unserer gesamten Arbeit beibehalten. Heute mehr denn je."

Hinweis an die Redaktion:

* Das derzeitige polnische Abtreibungsgesetz ist weiterhin eins restriktivsten in Europa. Das nahezu vollständige Abtreibungsverbot, das 2020 vom PiS-kontrollierten Verfassungsgericht eingeführt wurde, erlaubt eine Abtreibung nur dann, wenn die Gesundheit oder das Leben der Frau gefährdet ist oder wenn die Schwangerschaft auf ein Verbrechen zurückgeht.

** In dem am 26. August 2024 veröffentlichten Bericht heißt es, dass das nahezu vollständige Verbot und die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Polen Frauen schweres körperliches und seelisches Leid zufügt, was einer Folter, einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommen kann und zu systematischen Menschenrechtsverstößen führt, etwa gegen das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Gleichstellung.