Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

01/24/2025 | Press release | Distributed by Public on 01/24/2025 05:25

Dürre und Starkregen gefährden Grundwasser

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Dürre und Starkregen gefährden Grundwasser

Extremereignisse, die durch den Klimawandel häufiger werden, beeinträchtigen die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu reinigen

24. Januar 2025

Extreme Klimaereignisse gefährden die Qualität und Stabilität des Grundwassers. Sie führen dazu, dass Regenwasser nicht die natürlichen Filterprozesse im Boden durchläuft. Dies hat ein Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in einer Langzeitstudie des Grundwassers mit neuen Analysemethoden nachgewiesen. Da Milliarden von Menschen auf ausreichend sauberes Grundwasser zum Trinken angewiesen sind, ist es von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen von Klimaextremen auf die zukünftige Wassersicherheit zu verstehen.

Grundwasserführende Gesteinsformationen, sogenannte Aquifere, werden in der Regel durch Niederschläge, die durch den Boden sickern, wieder aufgefüllt. Während ihres Transports durch den Boden bleiben an der Oberfläche aufgenommene Stoffe an Bodenmineralen haften und werden aus dem Wasser entfernt, oder die Substanzen werden von Bodenmikroben verstoffwechselt. Dieser natürliche Filtrationsprozess führt zu hochreinen Grundwasserressourcen. Regen kann jedoch manchmal schnell in tiefere Bodenschichten fließen. Dadurch umgeht das Wasser die Filtrierung, sodass große Mengen gelöster Stoffe von der Oberfläche und den oberen Bodenschichten in das Grundwasser gelangen.

Dies gilt insbesondere nach extremen Regenfällen und nach starker Trockenheit. Längere Dürreperioden führen zu großen Rissen im Boden und sie verringern auch die Aufnahme von Regenwasser in den oberen Bodenschichten. Unter solchen Bedingungen fließt das Wasser schneller ins Grundwasser oder läuft alternativ in Flüsse, Seen und Ozeane ab. Der Grundwasserspiegel wird dann nicht ausreichend aufgefüllt. Außerdem wird das Wasser mit unerwünschten und potenziell schädlichen Substanzen von der Oberfläche und den oberen Bodenschichten verunreinigt. Dazu gehören organische Stoffe, Herbizide und Pestizide, mikrobielle Produkte wie Antibiotika sowie andere Fremdstoffe.

Trockenheit zeichnet den Boden auch immer wieder den Boden im Natiopnalpark Hainich. Sie reduziert nicht nur den Grundwasserspiegel, sondern beeinträchtigt auch die Qualität des Grundwassers.

© R. Lehmann, Friedrisch-Schiller-Universität Jena

Trockenheit zeichnet den Boden auch immer wieder den Boden im Natiopnalpark Hainich. Sie reduziert nicht nur den Grundwasserspiegel, sondern beeinträchtigt auch die Qualität des Grundwassers.
© R. Lehmann, Friedrisch-Schiller-Universität Jena

In einem neuartigen experimentellen Ansatz analysierten Simon A. Schroeter, Gerd Gleixner und Susan Trumbore vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie zusammen mit einem großen Forschungsteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena das Grundwasser in Deutschland in einer Langzeitstudie und berichten darüber im Fachmagazin Nature communications. Die Forschenden nutzten gelöstes organisches Material als Indikator für Wasserverschmutzungen und bestätigten so grundlegende Veränderungen der Grundwasserstabilität. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass extreme Wetterereignisse bereits jetzt die Qualität des Grundwasser und die Art seine Neubildung verändern", sagt Simon Schroeter.

Das Forschungsteam untersuchte zwischen 2014 und 2021 das Grundwasser und die entsprechenden hydroklimatischen Bedingungen an drei geologisch unterschiedlichen Standorten in Deutschland. Sie analysierten die Wasserqualität, indem sie Tausende verschiedene Molekülarten auf ihrem Weg vom Boden ins Grundwasser verfolgten. Im Gegensatz zur bisherigen Standardmethode, der Messung der Gesamtkonzentration von gelöstem organischem Kohlenstoff, gibt ihr neuer Ansatz Hinweise auf die chemische Zusammensetzung der organischen Verunreinigungen im Grundwasser. Konkrete Substanzen lassen sich damit zwar nicht ohne weiteres identifizieren, mit der Methode können die Forschenden aber verfolgen, wie sich die Mengen einzelner Gruppen von Verbindungen über die Jahre verändern. Genomische Analysen können allerdings Informationen über die Mikroorganismen im Grundwasser liefern. Wenn deren Stoffwechsel bekannt ist, ergeben sich daraus weitere Hinweise, um welche Substanzen es sich bei dem organischen Material handeln könnte.

Innerhalb des achtjährigen Analysezeitraums identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler übereinstimmende langfristige Trends: Zunehmende Mengen an organischen Substanzen, die von der Oberfläche stammen und sich im Grundwasser ansammeln, und zwar vor allem bei sinkendem Grundwasserspiegel. Darüber hinaus konnten sie eine eindeutige Verstärkung der zunehmenden Verschmutzung des Wassers seit der extremen Dürre im Jahr 2018 feststellen.

Lysimeter-Probenahme im Nationalpark Hainich.

© R. Lehmann, Friedrisch-Schiller-Universität Jena

Lysimeter-Probenahme im Nationalpark Hainich.
© R. Lehmann, Friedrisch-Schiller-Universität Jena

Die neue Methode kann Veränderungen der Grundwasserqualität wesentlich empfindlicher erkennen als die üblicherweise angewandte Kohlenstoffmessung. Sie könnte daher in Zukunft als Frühindikator für eine Verschlechterung der Grundwasserqualität dienen, bevor Grenzwerte überschritten werden. Die organischen Stoffe, die sich mit der Methode nachweisen lassen, können dabei als Indikatoren für die Verschmutzung des Grundwasser insgesamt dienen. Dazu können auch anorganische Substanzen wie etwa Schwermetalle beitragen, die ebenfalls von der Oberfläche ausgewaschen werden.

Angesichts des sich weiter verschärfenden Klimawandels fordern Forschende eine verstärkte Aufmerksamkeit für das Grundwassermanagement. Wenn Böden Wasser nicht mehr so gut reinigen können, so erhöht das den Druck, dem unsere Gesellschaft bereits aufgrund sinkender Grundwasserspiegel ausgesetzt ist. Jüngste Untersuchungen warnen davor, dass der klimabedingte Rückgang der Grundwasserqualität den der menschengemachten Verschmutzung übertreffen könnte. Gerd Gleixner, Leiter der Forschungsgruppe, fügt hinzu: "Unsere Methode wird dabei helfen, frühzeitig Risiken für Grundwasser zu erkennen, das als sauber und sicher für unsere Nutzung gilt. Unsere Forschungsergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, ein nachhaltiges Wassermanagement zu etablieren, zum Schutz dieser lebenswichtigen Ressource."

Die Studie ist Teil des deutschen Sonderforschungsbereichs AquaDiva, einer interdisziplinären Initiative, geleitet von Kirsten Küsel, Susan Trumbore und Kai Totsche, die sich auf das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Oberflächen- und Untergrundökosystemen und deren Reaktion auf Umweltveränderungen konzentriert. Durch die Integration von Fachwissen aus den Bereichen Biogeochemie, Hydrogeologie und Mikrobiologie will AquaDiva die komplexen Prozesse aufdecken, die Grundwasserökosysteme steuern, und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel untersuchen. Die aktuelle Studie wurde von der Zwillenberg-Tietz Stiftung unterstützt.