01/24/2025 | Press release | Distributed by Public on 01/24/2025 06:58
Messingsteine von Gunter Demning erinnern an die Neusser Opfer des Nationalsozialismus
Am Freitag, 24. Januar 2025, hat der Künstler Gunter Demning neun weitere "Stolpersteine" in Neuss verlegt. Die auf Gehwegen platzierten Messingsteine erinnern an die Menschen, die dort einst wohnten und Opfer der nationalsozialistischen Gewalt wurden. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch das Stadtarchiv der Stadt Neuss, das Projektinteressierte fachlich und organisatorisch berät. Im Rahmen der Verlegung wurden Steine auf der Kapitelstraße, der Niederstraße, der Augustinusstraße sowie der Klara-Fey-Straße verlegt. Insgesamt sind so nun 154 solcher Steine auf den Neusser Straßen zu finden.
An das Schicksal von Max, Walter, Anna und Erna Stein erinnern nun vier solcher Steine an der Kapitelstraße 15. Schüler*innen des Gymnasiums Marienberg, der Gesamtschule Nordstadt und des Lycée Jean-Baptiste de Baudre in Agen (Frankreich) haben in einer schulübergreifenden Kooperation die Patenschaften übernommen. Die jüdische Familie Stein betrieb an der Kapitelstraße einen Pferdehandel bzw. ein Möbelgeschäft. Mit Beginn des Nationalsozialismus emigrierten die vier Kinder von Hermann und Sara Stein ins Ausland: Max ging 1933 nach Frankreich, Walter 1935 nach Palästina, Anna und Erna 1939 nach England. Die Kinder überlebten die NS-Zeit, die Eltern jedoch blieben in Neuss, wurden 1941 nach Łódź deportiert und ermordet - für sie liegen bereits seit 2006 "Stolpersteine".
Zwei "Stolpersteine" an der Niederstraße 4 wurden für Adele und Helene Vasen verlegt. Die beiden in Neuss geborenen Schwestern lebten seit 1911 zusammen im Haus Niederstraße 4 und arbeiteten als Näherinnen. Auch sie wurden 1941 nach Łódź deportiert und 1942 ermordet. Die Patenschaft für die Gedenksteine haben der Stadtverband der Grünen und die Organisation "Neuss steht für Frieden" übernommen.
Auf der Augustinusstraße erinnert nun ein "Stolperstein" in Patenschaft von Prof. Dr. Jürgen Brautmeier an die aus Mülheim an der Ruhr stammende Karoline Wolf. Sie war geistig behindert und wurde 1936 im Neusser St. Josefskloster untergebracht. Von dort wurde sie am 12. Februar 1941 in die Heilanstalt Düsseldorf-Grafenberg verlegt, die aber nur als Zwischenstation für die Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar diente, wohin sie bereits zwei Tage später verschickt und noch am Tag ihrer Ankunft im Rahmen der Aktion "T4" ermordet wurde.
Zum Abschluss verlegte Gunter Demning zwei Steine für die beiden Zeugen Jehovas Franz und Margarete Schilberz an der Klara-Fey-Straße 5. Das Ehepaar war Mitglied der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung (IBV - Zeugen Jehovas). Die IBV wurde 1933 durch die Nationalsozialisten verboten, ihre Mitglieder wurden überwacht und verfolgt, weil sie als "staatsgefährdend" galten. Franz und Margarete Schilberz setzten ihre Arbeit für die IBV dennoch fort. Sie wurden verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt. Margarete war 1937 und 1938 in verschiedenen Gefängnissen, Franz von 1935 bis 1942 in verschiedenen Gefängnissen und Konzentrationslagern. Beide überlebten die NS-Zeit. Die Patenschaft übernahm die Schwiegertochter, Ruth Schilberz.
Eine Übersicht aller Neusser "Stolpersteine" steht auf der Website des Stadtarchivs unter http://www.stadtarchiv-neuss.de/stolpersteine.html zur Verfügung.
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