12/17/2025 | Press release | Distributed by Public on 12/17/2025 08:07
Tumorgewebe im Labor möglichst realitätsnah nachbilden und neue Ansätze für eine personalisierte Krebsmedizin entwickeln: Daran werden ab Frühjahr 2026 insgesamt 20 Promovierende in den Lebenswissenschaften sowie zehn Medizinerinnen und Mediziner im neuen Graduiertenkolleg "Organoid-Based mOdelling of Solid Tumors" der Universität Ulm forschen. Sie wollen Krebserkrankungen besser verstehen und Krankheitsverläufe und die Wirkung von Therapien besser vorhersagen. Die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) fördert Org-BOOST über zunächst fünf Jahre mit knapp neun Millionen Euro.
Krebserkrankungen, etwa der Bauchspeicheldrüse, der Harnblase oder der Brust, gehören weiterhin zu den häufigsten Todesursachen. Um diese Erkrankungen besser zu erforschen, werden "Mini-Tumoren" im Reagenzglas nachgebildet. Diese im Labor aus Stamm- oder Tumorzellen gezüchteten Organoide ahmen die individuellen Eigenschaften von Organen oder Krebsgewebe einzelner Patient*innen nach und ermöglichen so eine maßgeschneiderte Therapieplanung, deren Wirksamkeit vorab im Labor getestet werden kann. Solche patientenabgeleitete Tumororganoide sowie aus menschlichen Stammzellen erzeugte 3D-Modelle stehen im Zentrum des neuen Graduiertenkollegs "Organoid-Based mOdelling of Solid Tumors" (Org-BOOST) der Universität Ulm, das die DFG mit beinahe neun Millionen Euro fördert. Um das Zusammenspiel des Tumors mit seiner Mikroumgebung zu verstehen, werden Tumororganoide auch mit Immunzellen, Bindegewebe und Blutgefäßzellen zu sogenannten Assembloids kombiniert.
"Wir bringen das Tumorgewebe einzelner Patientinnen und Patienten gewissermaßen in die Petrischale", erläutert Professor Alexander Kleger, Direktor des Instituts für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie am Universitätsklinikum Ulm und Sprecher des Graduiertenkollegs. "So können wir sehr präzise untersuchen, welche Kombinationen aus genetischen Veränderungen, Immunantwort und Mikroumgebung darüber entscheiden, ob ein Tumor aggressiv wächst oder auf eine bestimmte Therapie anspricht."
Individuelle Tumororganoide durch automatisierte Verfahren
In insgesamt zehn eng vernetzten Projekten widmet sich Org-BOOST unterschiedlichen Tumorarten - unter anderem der Bauchspeicheldrüse, der Harnblase, des Darms, der Brust sowie bösartige Erkrankungen des Blutsystems. Ziel ist es, gemeinsame Krankheitsmechanismen zu identifizieren, neue Biomarker zu finden und Ansatzpunkte für maßgeschneiderte Therapien zu entwickeln. Eine zentrale Rolle spielt dabei die von Professor Kleger geleitete Ulmer Core Facility Organoids (CFO), eine Art "lebende Biobank", in der Tumorproben von Patient*innen gesammelt werden. Dank automatisierter Verfahren können dort individuelle Tumororganoide in hoher Zahl erzeugt und experimentell getestet werden. In Org-BOOST sollen diese Proben molekular charakterisiert und auch mit Methoden des maschinellen Lernens ausgewertet werden.
"Org-BOOST ist weltweit eines der ersten Graduiertenkollegs, das Organoidtechnologien ins Zentrum eines strukturierten Promotionsprogramms stellt", betont Juniorprofessor Markus Breunig, Co-Sprecher von Org-BOOST und Gruppenleiter am Institut für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie. "Durch die enge Verzahnung von Klinik, Stammzellbiologie, 3D-Biofabrikation und Datenwissenschaft schaffen wir ein einzigartiges Umfeld, in dem junge Forschende Krebs auf mehreren Ebenen gleichzeitig verstehen lernen." Dr. Mirja Harms, Co-Sprecherin von Org-BOOST und Gruppenleiterin am Institut für Molekulare Virologie, erklärt: "Unsere Organoidmodelle sind nicht nur Forschungstools, sondern ein wichtiger Baustein für die translationale Onkologie. Langfristig wollen wir dazu beitragen, dass Therapieentscheidungen stärker daten- und modellbasiert getroffen werden - mit dem Ziel, Überlebenschancen und Lebensqualität von Krebspatient*innen zu verbessern."
Das Graduiertenkolleg bietet ein strukturiertes Qualifikationsprogramm mit organoidspezifischen Laborkursen, Retreats und innovativen Formaten. Org-BOOST wird in die International Graduate School in Molecular Medicine Ulm (IGradU) integriert und ist eng mit dem Ulmer 3R-Zentrum i3RU und dem Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU) verknüpft. Durch den systematischen Einsatz humaner Organoide sollen Tierversuche reduziert und unvermeidbare in vivo-Modelle besser vorbereitet werden.
Über die Graduiertenkollegs der DFG
Mit Graduiertenkollegs stärkt die Deutsche Forschungsgemeinschaft die strukturierte Promotion in Deutschland. In diesen Forschungs- und Qualifizierungsverbünden arbeiten Promovierende in einem klar definierten, interdisziplinären Rahmen an aktuellen wissenschaftlichen Fragestellungen und erwerben parallel wichtige Schlüsselqualifikationen für Karrierewege innerhalb und außerhalb der Wissenschaft. Bundesweit fördert die DFG derzeit mehr als 200 Graduiertenkollegs.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Alexander Kleger, Direktor des Instituts für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie Universitätsklinikum Ulm sowie Sektionsleiter Interdisziplinäre Pankreatologie, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm
Mail: [email protected]
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Medienkontakt: Christine Liebhardt