German Federal Government

01/24/2025 | Press release | Archived content

Regierungspressekonferenz vom 24. Januar 2025

Sprecherinnen und Sprecher

  • Staatssekretär Hebestreit

  • Fischer (AA)

  • Haufe (BMWK)

  • Dr. Ata (BMI)

  • Alexandrin (BMDV)

  • Haberlandt (BMG)

(Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

Wir haben Bundestagswahlkampf. Zu den überschaubaren öffentlichen Terminen des Bundeskanzlersin der kommenden Woche: Es beginnt am Montag, 27. Januar. Das Bundespräsidialamt hat bereits die Teilnahme des Bundespräsidenten an den Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitzangekündigt. Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass auch der Bundeskanzler an dieser Gedenkfeier am Montag, 27. Januar, teilnehmen wird. Er wird im Rahmen seiner Reise nach Polen zuvor auch den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zu einem bilateralen Gespräch am Vormittag in Krakau treffen.

Ein zweiter Termin findet am Mittwoch, 29. Januar, statt. Da wird unter Leitung des Bundeskanzlers - diesmal um 10 Uhr - die Kabinettssitzung stattfinden, weil der Bundeskanzler ab 12 Uhr an der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages für die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen wird. Nach einer Begrüßung durch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Roman Schwarzman, Holocaust-Überlebender aus dem ukrainischen Odessa, sprechen.

Am Mittwochabend nimmt der Bundeskanzler am 75. Jubiläum des Sozialverbandes VdK Deutschlandteil. Die Veranstaltung findet im Café Moskau in Berlin statt. Der Bundeskanzler wird dort auch eine Rede halten. Der VdK feiert seinen 75. Geburtstag unter dem Leitspruch "Sozial in die Zukunft". Seit seiner Gründung tritt der VdK für soziale Gerechtigkeit und die Weiterentwicklung des Sozialstaates sowie den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung ein. Das sind die Themen, die bekanntlich auch dem Bundeskanzler sehr am Herzen liegen.

So weit die überschaubare Auswahl der öffentlichen Termine, die wir zum jetzigen Zeitpunkt bekannt geben können.

Frage

Die Frage geht ans Auswärtige Amt und vielleicht auch ans Wirtschaftsministerium. Israel verlagert nach dem Waffenstillstand seine militärischen Aktivitäten jetzt auf die Westbank. Dort werden vermehrt militärische Angriffe gestartet. Die Bundesregierung, vor allem das Auswärtige Amt, hat in der Vergangenheit immer sehr klar die Position bezogen, dass die israelische Siedlungspolitik auf der Westbank rechtswidrig sei. Ist das nicht der Moment, in dem dann doch über ein Ende deutscher Waffenlieferungen ernsthaft nachgedacht werden kann? Denn das wäre - nach Ihrer Logik - nicht mehr mit der Selbstverteidigung gegen Hamas-Attacken zu begründen.

Fischer (AA)

Ich kann anfangen. Sie wissen, dass über Waffenexporte immer im Einzelfall entschieden wird - unter Berücksichtigung der jeweiligen rechtlichen, völkerrechtlichen, menschenrechtlichen und sicherheitspolitischen Lage. In die Bewertung gehen natürlich all die Dinge ein, die wir jetzt im Westjordanland sehen. Gleichzeitig habe ich mich am Mittwoch schon sehr ausführlich zur Lage in Dschenin geäußert. Während uns aus Gaza durchaus erste positive Signale erreichen - die Waffenruhe hält, der Waffenstillstand hält, die ersten Geiseln sind freigelassen worden, und tatsächlich kommt jetzt auch sehr viel humanitäre Hilfe in den Gazastreifen -, habe ich damals gesagt, dass wir sehr besorgt über die Lage im Westjordanland sind. Wir gehen davon aus, dass das auch beim Rat, beim Treffen der Außenministerinnen und Außenminister in Brüssel am Montag Thema sein wird.

Die anscheinend relativ groß angelegte israelische Operation "Iron Wall" in Dschenin hat bereits zahlreiche Opfer und Verletzte gefordert. Es ist nicht auszuschließen, dass sie auch zu einer weiteren Radikalisierung der palästinensischen Bevölkerung beiträgt. Das ist zutiefst bedauerlich, gerade nachdem zuletzt auch die palästinensischen Sicherheitsbehörden selbst in Dschenin aktiv waren, um Sicherheitsbedrohungen zu bekämpfen; denn es ist ja gemäß des Oslo-Abkommens in erster Linie Aufgabe der Sicherheitskräfte der palästinensischen Autonomiebehörde im A-Gebiet des Westjordanlands, zu dem Dschenin gehört, für Sicherheit zu sorgen. Das Eingreifen der israelischen Truppen, das im Einzelfall im Einklang mit nachvollziehbaren israelischen Sicherheitsinteressen sein kann, untergräbt allerdings in dieser Hinsicht die Legitimität der palästinensischen Sicherheitskräfte.

Klar ist: Israel ist Besatzungsmacht im Westjordanland und damit auch zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung berechtigt und verpflichtet. Dies muss im Einklang mit dem Völkerrecht passieren, wie wir immer wieder deutlich gemacht haben. Genau wie am Mittwoch rufen wir auch heute in dieser akuten Phase zur Zurückhaltung auf.

Haufe (BMWK)

Ich kann dem nur so beipflichten: Die Einzelfallprüfung ist genau das Instrument, um die notwendige aktuelle Lageanalyse in die Rüstungsexportentscheidungen einfließen zu lassen.

Zusatzfrage

Herr Fischer, Sie haben in Ihrer Antwort im Grunde das, was ich in der Frage formuliert hatte, als Veränderung der israelischen Militärstrategie noch einmal ausgeführt und bestätigt. Deswegen - die Antwort haben Sie nicht gegeben - die Frage: Sind das nicht notwendigerweise verändernde Parameter, die dann auch in Einzelfallentscheidungen einfließen müssen? Es ist doch einfach eine andere Lage.

Fischer (AA)

Ich glaube, ich habe die Frage schon beantwortet. Ich habe gesagt, in die Einzelfallentscheidungen fließen all diese Dinge ein, einschließlich der Lage im Westjordanland.

Frage

Bei der nächsten Geiselfreilassung könnte eine Geisel mit Deutschlandbezug freikommen: Israel verlangt von der Hamas, dass Arbel Jehud bei der nächsten Runde dabei ist. Können Sie präzisieren, was der Bezug zu Deutschland ist? Hat sie die deutsche Staatsangehörigkeit? Haben Sie Hinweise darauf, ob sie freigelassen werden könnte?

Fischer (AA)

Ich werde mich nur allgemein äußern. Gemäß dem Abkommen erwarten wir, dass am Samstag vier weitere Geiseln aus Gaza freikommen. Außerdem soll die Hamas Informationen zur Frage bereitstellen, welche der Geiseln, die in Phase 1 freikommen, noch am Leben sind. Auch mit Blick auf die deutschen Staatsangehörigen, die noch unter den Geiseln sind, und den Geiseln mit Deutschlandbezug rufen wir alle Seiten dazu auf, alle Teile des Abkommens einzuhalten, den Waffenstillstand einzuhalten und besonders auch bei der Geiselfreilassung weiter voranzukommen.

Frage

Meine Frage geht ans BMI. Es gab am Mittwoch ein Treffen mit Vertretern von verschiedenen Social-Media-Plattformen. Die Ministerin hatte dabei verschiedene Wünsche geäußert, Stichwort: Desinformation, vor allem jetzt in Bezug und Hinblick auf den Wahlkampf. Dazu meine Frage: Gab es im Hinblick darauf konkrete Zusagen der Plattformen?

Dr. Ata (BMI)

Wir haben dazu nach dem Treffen eine Pressemitteilung veröffentlicht. Darauf würde ich gerne verweisen. Es wurde vonseiten des BMI deutlich gemacht, dass die Plattformbetreiber rechtliche Verpflichtungen haben, die sich unter anderem aus dem Digital Services Act oder aus der Verordnung ergeben, die terroristische Inhalte betrifft. Das gehörte zu den wesentlichen Inhalten dieses Gesprächs.

Zusatzfrage

Gab es also keine konkreten Zusagen der Plattformen, die auch über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehen?

Dr. Ata (BMI)

Wie gesagt, da kann ich auf das verweisen, was wir in der Pressemitteilung dargelegt haben.

Frage

Eine Frage an das Digitalministerium, weil sich dort nach meinem Verständnis heute Vertreter mit Tech-Konzernen treffen: Mich würde interessieren, ob dabei für Sie auch auf dem Tisch liegen wird, den Crisis-Response-Mechanismus des DSAim Gespräch mit diesen Vertretern zumindest anzusprechen.

Alexandrin (BMDV)

Die Details des Gesprächs müssten Sie letztendlich bei der Bundesnetzagentur erfragen, die diesen Termin ausrichtet. Grundsätzlich handelt es sich dabei um ein Round-Table-Gespräch, das eben exakt dazu dienen soll, mit Blick auf die anstehenden Wahlen eine Art Stresstest zu bilden und hier die Verbindungen der einzelnen Sicherheitsbehörden untereinander sicherzustellen sowie das Gespräch zu suchen, auch noch einmal mit den Plattformen. Dazu lädt die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Digital Service Coordinator heute ein.

Zusatzfrage

Ich weiß, die Bundesnetzagentur ist formal zuständig, aber können Sie vielleicht aus Sicht Ihres Ministeriums noch einmal skizzieren, welche Bedingungen vorliegen müssten, damit man diesen Crisis-Response-Mechanism aktiviert?

Alexandrin (BMDV)

Wie gesagt, für die Details müssen Sie sich an die BNA wenden. Ich glaube, der Minister hat sich in den vergangenen Tagen sehr eindeutig dazu geäußert, was den DSA und das dort bestehende Regelwerk angeht. Er hat mehrfach gesagt, dass es ein sehr scharfes Schwert ist, das wir da haben, einen bestehenden Regelungskatalog, den man dann eben auch einsetzen muss, und hat in dem Zusammenhang auch noch einmal an die Kommissionen appelliert, davon Gebrauch zu machen, wenn es dann erforderlich sein sollte.

Frage

Ich habe eine Frage ans Wirtschaftsministerium. Herr Haufe, die Gasspeichersind offenbar in Deutschland, auch in Europa, nicht ganz so gut gefüllt wie im vergangenen Jahr. Bestehen dadurch irgendwelche Gefahren für die Versorgung? Heißt das, dass im Sommer noch einmal mehr Geld aufgewendet werden muss, um die Gasspeicher für den dann kommenden Winter wieder zu füllen?

Haufe (BMWK)

Derzeit gelten die Vorgaben für die Gasspeicherbefüllung. Inwieweit diese Regelung fortgesetzt wird, kann ich jetzt nicht sagen, einfach allein auf Grundlage der Ablaufzeit dieser Regierung. Aber klar ist: Für jetzt gelten diese Vorgaben.

Wenn Sie sich die aktuellen Daten anschauen, die die Bundesnetzagentur wöchentlich zur Situation auf dem Gasmarkt und zur Gasversorgung in Deutschland vorhält, dann sehen Sie eine sehr stabile Gasversorgung. Natürlich gibt es gewisse Preisschwankungen; das gehört zum Gasmarkt dazu. Aber es sind keine kritischen Gaspreisschwankungen, derzeit jedenfalls nicht.

Frage

Ans BMG: Der Minister hatte sich noch im November hoffnungsfroh gezeigt, dass es für das Verkaufsverbotfür Lachgas an Minderjährige eine große Mehrheit im Parlament geben könnte. Offenbar wird es sie nun nicht geben. Oder haben Sie doch noch die Hoffnung auf einen letzten Aufschlag in dieser Legislatur?

Haberlandt (BMG)

Wie Sie schon gesagt haben, hat das Bundesministerium bereits im Sommer einen Regelungsentwurf vorgelegt. Auf europäischer Ebene wurde der Entwurf der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt. Sie wurde Ende des Jahres im Eilverfahren abgeschlossen. Daraufhin wurde der Änderungsantrag vom Kabinett beschlossen und soll jetzt in ein geeignetes Trägergesetz integriert werden. Welches das genau sein wird, wie der Zeitplan genau ist, kann ich Ihnen zur jetzigen Zeit nicht sagen. Aber das sind die Pläne, und das ist weiterhin vorgesehen.

Zusatzfrage

Heißt das, doch noch in den nächsten Tagen?

Haberlandt (BMG)

Wie gesagt, ist weiterhin vorgesehen, das in ein Trägergesetz zu integrieren.

Frage

Ich habe eine Frage zum Fall Aschaffenburg. Dr. Ata, können Sie bitte sagen, wann genau das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Behörden in Bayern darüber informiert hat, dass der Asylantrag des Afghanen, also des Täters, abgelehnt wurde?

Dr. Ata (BMI)

Dazu kann ich gern ausführlich einiges darstellen. Zunächst weise ich darauf hin, dass alle Umstände dieses Falls und des Asylverfahrens derzeit umfassend überprüft werden.

Der aktuelle Erkenntnisstand nach den Informationen, die das BMI von BAMF erhalten hat, sieht wie folgt aus:

Der Tatverdächtige ist am 19. November 2022 nach Deutschland eingereist. Im Zuge der Aktenanlage ergab sich unter anderem ein EURODAC-Treffer für Bulgarien, sodass Bulgarien gemäß der Dublin-III-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig war. Am 25. Januar 2023 wurde eine Take-back-Anfrage an Bulgarien gestellt. Die Zustimmung Bulgariens erfolgte am 3. Februar 2023. Der Asylantrag des Tatverdächtigen wurde abgelehnt und eine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet. Die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken wurde mit einem Schreiben vom 21. Juni 2023, also sieben Wochen vor Fristablauf, über den Bescheid vom 19. Juni 2023, also von zwei Tagen zuvor, in Kenntnis gesetzt. Am 26. Juli 2023 wurde die Ausländerbehörde außerdem über die Rechtskraft, also die Unanfechtbarkeit der Entscheidung, informiert. Die Überstellungsfrist ist am 2. August 2023 abgelaufen, sodass Deutschland dann mit Fristablauf für den Asylantrag zuständig wurde.

Dass Verfahren beim BAMF 2023 zu lange gedauert haben, ist bekannt. Daraus hat die Bundesregierung Konsequenzen gezogen: Das BAMF wurde deutlich gestärkt. Mit dem Haushalt 2024 wurden insgesamt rund 340 Planstellen und Mittel für mehr als 800 weitere Stellen - in erster Linie befristete Stellen - vorgesehen.

Das Dublin-System wird durch GEAS ersetzt. Der Fall zeigt, wie wichtig dies ist. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Personen ihr Asylverfahren in dem EU-Staat durchlaufen, in den sie eingereist sind. Mit der wichtigen GEAS-Einigung erzielen wir Fortschritte in diesem Bereich. Die GEAS-Reform bringt insgesamt mehr Härte, striktere Kontrollen an den EU-Außengrenzen, Haft, wenn es erforderlich ist, sowie bessere Verfahren, damit Menschen ihr Asylverfahren wirklich in dem zuständigen EU-Staat durchlaufen. Die Gesetzentwürfe für die Umsetzung von GEAS auf nationaler Ebene liegen dem Bundestag vor. Aus unserer Sicht sollten sie schnellstmöglich beschlossen werden.

Zusatzfrage

Können Sie außerdem bitte einmal ausführen, inwieweit Menschen, die erklären, freiwillig ausreisen zu wollen, von Behörden unterstützt werden und wie das in diesem konkreten Fall war?

Dr. Ata (BMI)

In dem konkreten Fall hat die Person mitgeteilt, dass sie freiwillig ausreisen möchte.

In dem Zusammenhang noch der Hinweis: Bei Ablehnung eines Asylantrags durch das BAMF erlischt grundsätzlich die Aufenthaltsgestattung, und es folgt eine Ausreisepflicht. Da der Tatverdächtige seinen Asylantrag zurückgenommen hat, wurde das Asylverfahren nach § 32 Asylgesetz eingestellt und gemäß § 38 Absatz 2 Asylgesetz die Ausreisefrist auf eine Woche festgesetzt. Erfolgt in der gesetzlichen Frist keine freiwillige Ausreise, wird diese von der zuständigen Ausländerbehörde durch Abschiebung zwangsweise vollzogen, ganz grundsätzlich. Die freiwillige Rückkehr bleibt natürlich möglich.

Frage

Nach meinem Verständnis hat die Innenministerin nach der Tat als Konsequenz unter anderem angekündigt, die Asylreform der EU vorzuziehen und auch sogenannte Dublin-Center einzurichten. Ist das noch vor der Bundestagswahl geplant und, wenn ja, mit welcher Mehrheit? Was ist der Hintergrund dieser Forderung?

Dr. Ata (BMI)

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Gesetzentwürfe für die nationale Umsetzung von GEAS dem Bundestag vorliegen. Es war uns wichtig, dass wir als Land die Umsetzung frühzeitig angehen, und wichtig, dass die Umsetzung auch zügig erfolgt.

Die Ministerin hat zudem darauf hingewiesen, dass vieles tatsächlich umgesetzt werden muss. Das betrifft etwa das Thema des Vollzugs und Dublin-Center im Zusammenhang mit der Zuständigkeit der Länder, die es dabei auch gibt.

Zusatzfrage

Wollen Sie beides wirklich noch vor dem 23. Februar über die Bühne bringen?

Dr. Ata (BMI)

Das Thema der Dublin-Center ist nicht ganz neu. Es ist wichtig, dass solche Einrichtungen erstellt werden, aber auch, dass es zum Beispiel genug Abschiebehafteinrichtungen gibt und dass auch die Länder in dem Zusammenhang ihr Möglichstes dafür tun, den Vollzug sicherzustellen.

StS Hebestreit

Ich darf vielleicht kurz ergänzen, um das ein bisschen zu sortieren. Im Augenblick gibt es einen Gesetzentwurf des GEAS, der vom Bundeskabinett beschlossen worden ist. Er liegt im Deutschen Bundestag und kann jederzeit aufgesetzt werden, wenn denn die Fraktionen im Deutschen Bundestag das möchten. Diese Frage müssen Sie aber nicht der Bundesregierung, sondern den Fraktionen im Deutschen Bundestag stellen.

Die Dublin-Center sind eine Reaktion darauf, dass wir auch im Fall Solingen gemerkt haben, wie schwierig es ist - durch die Zeitabläufe, die mit Dublin verbunden sind, diese sechs Monate - sich irregulär bei uns aufhaltende Asylbewerber schnell in die Transitländer zurückzubringen. Deswegen gibt es schon seit dem Herbst die Diskussion darüber, solche Zentren zu bilden, in denen man prioritär behandelt wird. Ein Bundesland hat das bereits geschaffen. Das ist eine Länderangelegenheit. Das können die Länder in Eigenregie sofort umsetzen. Es ist eine sympathische Kleinstadt an der Elbe, die das schon umgesetzt hat und die in solchen Punkten sowieso relativ rigoros und entschlossen vorgeht. An diesem Beispiel könnten sich viele andere Bundesländer orientieren. Dafür braucht es keine gesetzlichen Grundlagen seitens des Bundes, sondern das ist eigentlich eine Vollzugsmaßnahme in den Ländern.

Das Zweite bei der GEAS-Reform: Wir haben schon im Herbst, auch in der Reaktion auf Solingen seinerzeit, gesagt: Wir versuchen so schnell wie möglich, GEAS umzusetzen. Das hat eine maximale Umsetzungsfrist bis 2026, wenn ich es richtig im Kopf habe. Wir waren das erste Land, das die auf der Bundesebene nötigen Gesetzgebungs-entscheidungen seitens der Bundesregierung getroffen und dem Bundestag zugeleitet hat. Das liegt jetzt im Deutschen Bundestag, und wenn es den Willen in den dortigen demokratischen Fraktionen gibt, das voranzubringen, dann besteht in den nächsten beiden Sitzungswochen, die es noch gibt, durchaus die Möglichkeit, das noch zu behandeln.

Grundsätzlich - auch das hat Herr Ata gesagt - hat die Bundesregierung auch die Möglichkeit geschaffen, den sogenannten Ausreisegewahrsam zu verlängern. Es ist ein relativ bürokratischer Vorgang, Menschen rückzuführen, weil die Länder, in die sie zurückgeführt werden sollen - sei es bei Dublin-Fällen das Transitland oder sei es das Herkunftsland -, auch gewisse Vorgaben machen, wie lange vorab sie informiert werden und wohin die zurückzuführenden abgelehnten Asylbewerber gebracht werden sollen. Dann muss man die Flüge buchen. Da kann man für die Personen, die sich auf diesen Flügen befinden sollen, nicht sagen: "Wir buchen drei Plätze. Schauen wir mal, wen wir dafür finden", sondern wir müssen sagen: Person Peter Müller muss am 23. Januar auf diesem Flug sitzen. - Deswegen ist es sinnvoll, dass die Dauer des Ausreisegewahrsams verlängert worden ist, um sicherzustellen, dass Herr Müller, wenn er fliegen soll, vorher angetroffen wird und zum Flug bereit ist.

Für all diese Dinge liegen jetzt die gesetzlichen Grundlagen vor. Aber für die Umsetzung muss man Haftplätze schaffen. Man muss diese Gewahrsamsplätze schaffen oder die Dublin-Center einrichten. Das liegt jetzt faktisch in der Verantwortung der Länder. Der Bundeskanzler sprach gestern von einem Mentalitätswechsel. Das bedeutet, dass man die Möglichkeiten, die es gibt, tatsächlich nutzt. Ob das alles ausreicht, das muss man immer kritisch prüfen und miteinander politisch diskutieren.

Wir hatten den schlimmen Vorfall in Mannheim Ende Mai, Anfang Juni, wir hatten den schrecklichen Vorfall in Solingen im August, und wir hatten natürlich auch Magdeburg und jetzt Aschaffenburg. Das sind also alles Vorfälle, die zum Teil immer wieder zeigen, wo Lücken im System sind, wo auch Exekutivmaßnahmen, also die Umsetzung von bestehenden Regelungen, nicht gut laufen. Da können alle mittun und ansetzen, und das ist auch kein Fingerzeigen. Der Bund muss seine Hausaufgaben machen und hat da eine ganze Menge hinbekommen, die Länder müssen ihre Hausaufgaben machen, und auch die Städte und Gemeinden, die für die Ausländerbehörden zuständig sind, müssen es. Das ist also ein gemeinsames Unterfangen, an dem sich jetzt auch - ich habe so ein bisschen das Gefühl - mehr und mehr Zuständige beteiligen wollen.

Zusatzfrage

Diese Maßnahme ist also sozusagen eher ein Appell an die Akteure, das dann auch umzusetzen, was schon vorliegt; so verstehe ich das. Geht damit denn einher, dass Frau Faeser oder der Kanzler mit diesen Akteuren dann auch neue Gespräche darüber führen?

StS Hebestreit

Na ja, der Wahlkampf ist ja ein großes politisches Gespräch mit allen. Es gibt eine große öffentliche Debatte, die im Augenblick auch mit der nötigen Leidenschaft von allen Beteiligten geführt wird. Insofern sind ja die, in Anführungszeichen, Zuständigen nicht taub und blind, sondern - sie bekommen das ja auch mit, und man merkt das auch, sowohl, wenn man mit den Sicherheitsbehörden spricht, als auch, wenn man mit kommunalen Trägern spricht - das ist schon angekommen. Aber jeder Einzelne muss eben aus einer Routine oder aus dem Modus "Solange es mich nicht wirklich hart betrifft, muss ich nichts tun, oder es ist wahnsinnig schwierig, es bringt ja eh nichts" herauskommen. Ich glaube, das ist eher wichtig, weil wir in einer politischen Diskussion ja oft und vor allem nach einer Gesetzesebene und danach gefragt werden, was wir denn jetzt als Neues und Zusätzliches machen, und es selten passiert, dass diejenigen, die dann in der Umsetzung zuständig sind - das sind manchmal Ministerpräsidenten oder ihre Innenminister, die da das Nötige tun müssen, manchmal sind es die Landräte, manchmal sind es die Bürgermeister, die Ausländerbehörden, manchmal ist es aber auch der Bundeskanzler und die Bundesinnenministerin und alle anderen Beteiligten -, ihren Teil beitragen. Die Gesetze können noch so gut und noch so wirksam sein, wenn sie nicht umgesetzt werden.

Frage

Herr Ata, der bayerische Innenminister, hat gestern Abend erklärt, es habe keinerlei Vollzugsdefizit bayerischer Behörden gegeben. Er hat die Bundesinnenministerin in zwei Punkten sozusagen unwahrer Aussagen bezichtigt. Der eine Punkt ist abstrakt, dass Ausweisungen eigentlich nur vom Bund durchgeführt werden könnten, also nicht von der Landesebene. Zum Zweiten hat er zu der Aussage, dass bayerische Behörden sieben Wochen vor Ablauf der Dublin-Frist informiert worden seien, sehr konkret gesagt, das sei definitiv falsch. Das sei erst wenige Tage vorher erfolgt. Was stimmt?

Dr. Ata (BMI)

Ich habe dargelegt, wie der Sachverhalt nach jetzigem Kenntnisstand einzuordnen ist. Ich habe Ihnen dazu die Fakten, die das BMI auf Grundlage der Erkenntnisse des BAMF hat, genannt, und ich möchte an dieser Stelle nicht Aussagen aus dem politischen Raum bewerten und auch nicht das Handeln von anderen Behörden bewerten.

Zusatz

Mit Verlaub: Das war eine direkte Attacke gegen die Bundesinnenministerin, für die Sie ja hier sprechen. Wenn ihr bezüglich ihrer Aussage, Bayern sei sieben Wochen vor Ablauf der Dublin-Frist informiert worden, vorgeworfen wird, das sei wenige Tage vorher der Fall gewesen, dann wüsste ich doch gerne, was jetzt stimmt. Das können Sie doch sagen.

StS Hebestreit

Aber die Position des Bundesinnenministeriums hat Herr Ata Ihnen vorhin vorgetragen. Er hat die Zeitabläufe, die das BAMF an das Bundesinnenministerium gemeldet hat, mit Daten vorgetragen, und insofern ist dieser Teil der Antwort, die Sie jetzt erfragen, gegeben worden.

Zusatzfrage

Wenn ich dann noch einmal an die erste Frage erinnern darf, die Aussage Herrmanns, dass für Abschiebungen allein der Bund zuständig sei: Ist das richtig aus Sicht der Bundesinnenministerin?

StS Hebestreit

Ich habe jetzt Herrn Herrmann nicht in Gänze zugehört. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er es so gesagt hat und, wenn er es so gesagt hätte, es so gemeint hat, weil natürlich klar ist, dass das eine Gemeinschaftsaufgabe ist. Erst einmal sind Rückführungen Ländersache. Das läuft über die Ausländerbehörden in den Ländern, und es gibt da eine klare Zuständigkeit. Man kann argumentieren, dass der Bund eine Mitzuständigkeit hat, nämlich die, mit den jeweiligen Ländern zu reden, die Rückzuführende aufnehmen, zurücknehmen müssen, damit das auch funktioniert. Im Augenblick ist es so, dass es manche Rückführungsflüge gibt, auf denen mehr Plätze vorhanden wären, als länderseits gefüllt werden können.

Frage

Ich habe noch einmal eine Nachfrage an Herrn Dr. Ata in dieser Sache. Sie hatten ausgeführt, dass die Gespräche mit Bulgarien über eine Rückführung im März geführt worden sind und dass dann Ende Juni die Bezirksregierung Unterfranken vom BAMF informiert worden ist. Was ist in den drei Monaten dazwischen beim BAMF in dieser Sache geschehen?

Dr. Ata (BMI)

Da muss ich noch einmal darauf hinweisen, was ich im Einzelnen gesagt habe. Die Take-back-Anfrage stammt von Ende Januar 2023 und die Zustimmung von Anfang Februar 2023. Ich kann Ihnen sagen, wie sich das darstellt, mit den Daten, die ich genannt habe. Darüber hinaus wird der Fall aufgearbeitet.

Zusatzfrage

Ist es also richtig, dass dann in der Zwischenzeit - sogar von Februar bis Juni -, bis es nach Unterfranken gegangen ist, in dieser Sache nichts passiert ist?

Dr. Ata (BMI)

Nein. Aus dem Februar stammt die Zustimmung, und der Bescheid stammt dann aus dem Juni. Das sind die Fakten, wie sie sich derzeit darstellen.

Zusatzfrage

Und was ist in den vier Monaten passiert?

Dr. Ata (BMI)

Wie gesagt, das wird ja alles im Einzelnen aufgearbeitet. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt die Fakten nennen. Weitere Details oder Bewertungen kann ich Ihnen derzeit einfach nicht nennen.

Frage

Herr Hebestreit, es gibt ja Forderungen aus der Opposition, dass der Bundeskanzler in der nächsten Woche noch einmal eine Regierungserklärung zum Thema "Asyl und Migration im weitesten Sinne" abgibt. Jetzt gab es vorhin die Meldung, dass die Union ihre doch viel schärferen Vorstellungen in dieser Frage zur Abstimmung stellen will und in Klammern in Kauf nehmen würde, dass die AfD zustimmt. Ich frage Sie jetzt einfach einmal: Würde der Bundeskanzler oder möchte der Bundeskanzler in der nächsten Woche eine Regierungserklärung dazu abgeben?

StS Hebestreit

Das kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht ankündigen, sonst hätte ich das auch bei der Vorstellung der Termine des Bundeskanzlers gemacht. Aber natürlich sind wir in der Situation, dass dieses Attentat in Aschaffenburg viele, viele Menschen beschäftigt, und da muss man genau überlegen, ob das ein Thema sein kann.

Auch die Medienberichte zur Ankündigung der Union kann ich hier nicht diskutieren oder bestätigen. Ich entnehme das auch nur den Medien. Sie legen ja auch nahe, dass das ein Thema ist, das uns in der nächsten Woche, einer Sitzungswoche, beschäftigen könnte. Aber ob der Bundeskanzler und, wenn ja, wann der Bundeskanzler eine Regierungserklärung abzugeben, gedenkt, teilen wir immer rechtzeitig mit. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das nicht tun.

Frage

Das ist ja jetzt in einer Art und Weise zum Wahlkampfthema und auch zur Wahlkampfmunition geworden, die man analytisch-politisch eigentlich nicht gutheißen kann. Ist das nicht, Herr Hebestreit, Anlass für die Bundesregierung, darüber nachzudenken, ob nicht etwas wie eine gemeinsame Aufarbeitung über Partei- und auch Bundesländergrenzen hinweg sehr schnell noch vor der Wahl erfolgen sollte, damit Bürger nicht das Gefühl haben, hier werde nicht Wahrheitssuche betrieben, sondern etwas zwischen verschiedenen politischen Interessen zerrieben, also eine überparteiliche, schnelle Untersuchung und Aufklärung?

StS Hebestreit

Ich glaube, es gibt eine zügige Untersuchung und Aufklärung der Sachlage. Herr Ata hatte gerade für das Bundesinnenministerium angekündigt bzw. geschildert, dass da jetzt eine Sachverhaltsaufklärung in Bezug darauf betrieben wird, was genau passiert ist. Der Bundeskanzler hat sich noch am Mittwoch mit den Chefs der Sicherheitsbehörden im Kanzleramt getroffen. Dabei war auch der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vor Ort. Das wird also mit hoher Priorität gemacht, und da habe ich auch volles Vertrauen in unsere staatlichen Einrichtungen, dass so etwas immer überparteilich und ohne Ansehen von Personen gemacht wird. Ich bin mir nicht sicher, ob eine solche Untersuchung vielleicht Ihrer berechtigten Sorge begegnet, dass ein solcher Fall im Wahlkampf nicht auch zur Wahlkampfauseinandersetzung wird.

Frage

Meine nächste Frage geht an das BMWK. Gestern gab es eine Pressemitteilung, in der davon geredet wurde, dass die Exportkreditgarantien ausgeweitet werden sollen, eben auch auf den Bereich der Rüstung. Dazu habe ich dann die Frage, wie verhindert werden soll, dass zum Beispiel Staaten mit begrenzten finanziellen Mitteln in Deutschland Rüstungsgüter wie zum Beispiel Panzer oder Düsenjets bestellen, aber diese dann nachher nicht mehr bezahlt werden können.

Haufe (BMWK)

Die Exportkreditgarantien hebeln ja nicht die üblichen Verfahren aus, mit denen Rüstungsexporte genehmigt werden. Insofern gelten für jeden Rüstungsexport, für den eine ausführliche Prüfung vorgesehen ist, wie wir es ja auch vorhin erläutert haben, die gleichen Bedingungen. Da gibt es keine Veränderung.

Zusatzfrage

Es war ja dann die Rede von der Genehmigung Nummer 33. Darunter fallen eben Länder der EU-Zollunion, wie zum Beispiel Griechenland oder auch Ungarn. Ist es also richtig, dass diese Länder auch unabhängig davon sozusagen in den Genuss von Kreditgarantien kommen, nach den Vorgaben, die es halt gibt?

Haufe (BMWK)

Exportkreditgarantien werden ja an Unternehmen vergeben, auch das nach einer ausführlicheren Prüfung. Wie wir gestern erklärt haben, ist es so, dass das Verfahren, mit dem Exportkreditgarantien beschlossen werden, entsprechend vereinfacht wird. Es ist so, dass Unternehmen nicht mehr nur dann eine Exportkreditgarantie bekommen, wenn sie ausschließlich hier in Deutschland produzieren, sondern wir haben hier ja eine schon lange angestrebte Änderung, die wir jetzt im Grunde genommen endlich umsetzen können, vorgenommen, damit wir natürlich den aktuellen Unternehmensstrukturen, in denen Unternehmen an verschiedenen Standorten produzieren, gerecht werden und im Rahmen dieser verschiedenen Standortstrukturen zum Beispiel eben auch innerhalb Europas Exportkreditgarantien ermöglichen. Ein Unternehmen, das in Deutschland produziert, aber vielleicht auch einen Produktionsstandort in Tschechien hat, und nachfragt, ob es für dieses Exportgut aus der tschechischen Produktionsstätte eine Garantie bekommen kann, hat jetzt die Chance, das überhaupt wahrzunehmen. Das war bisher gar nicht möglich. Es geht aber nicht um Unternehmen, die überhaupt gar keinen Standort und gar keine Verankerung in Deutschland haben - das ist nicht der Fall -, sondern es geht um Unternehmen hier in Deutschland, aber eben entsprechend ihrer aktuellen Aufstellungen. Dazu gehört eben, dass sie natürlich verschiedene Produktionsstandorte in Europa haben, und das reflektieren wir jetzt viel mehr mit dem neuen Verfahren für Exportkreditgarantien.

Frage

Meine Frage geht an das BMG. Es geht um Therapieplätze für Geflüchtete mit allerlei traumatischen Erfahrungen. Die Diakonie hat mehrfach bemängelt, dass Zuschüsse für die Einrichtungen in den jeweiligen Bundesländern fehlen, und die Sozialarbeiterinnen diese Aufnahmeeinrichtungen beklagen und bemängeln, dass sie nicht dafür geschult sind, psychische Auffälligkeiten bei diesen Menschen festzustellen, dass bei den ersten Aufnahmegesprächen diese Auffälligkeiten noch nicht vorhanden sind und erst im Laufe der Zeit auftreten. Ist das ein Thema bei Ihnen im Ministerium? Plant der Minister irgendetwas, um diese missliche Lage zu beheben?

Haberlandt (BMG)

Vielen Dank für die Frage. - Bei der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen - das wissen wir - fehlen Angebote in der ambulanten Versorgung für schwer psychisch Kranke, Suchtkranke oder Personen, die aufgrund ihrer persönlichen oder sozialen Situation besonders vulnerabel sind. Zum Beispiel, wie Sie gesagt haben, gerade für Migranten oder vorbestrafte Menschen ist es schwer, zeitnah einen ambulanten Psychotherapieplatz zu finden. Das fehlende Angebot betrifft auch aus der Psychiatrie entlassenen Menschen, die möglicherweise gewaltbereit sind.

Deswegen hat der Minister bereits im November 2024 per Rechtsverordnung die Zulassungsverordnung geändert. So können ab 2025 Ärzte und Psychotherapeuten eine Zulassung bekommen, wenn sie ausschließlich genau diese vulnerablen Patientinnen und Patienten behandeln. Die Befassung dieser Verordnung ist für den 14. Februar 2025 im Bundesrat vorgesehen. Sie tritt dann unmittelbar am Tag der Verkündung in Kraft.

Zusatzfrage

Meine Frage geht an Herrn Hebestreit. Heute Morgen hat der stellvertretende Chefredakteur von "DIE WELT" erhebliche Vorwürfe an den Bundeskanzler gemacht. Er meinte, der Bundeskanzler habe aufgegeben, und hat den Punkt erwähnt, dass der Bundeskanzler gestern Abend bei einem Bürgerdialog keine Fragen zugelassen habe und gerade einmal zwei Minuten mit den Leuten gesprochen habe und nicht ein Wort darüber gesagt habe, was er sich als Migrationspolitik für eine zukünftige Regierung vorstelle. Wie steht der Bundeskanzler dazu?

StS Hebestreit

Es gibt in Deutschland eine freie Presse, und die darf auch Unsinn verbreiten, und ich würde das unter "Unsinn" packen. Man kann sich die Bürgergespräche des Bundeskanzlers auch gerne in Livestreams oder in Aufzeichnungen anschauen. Man kann auch selbst hinfahren. Der Bundeskanzler hat vor seinem Bürgergespräch in Erfurt sogar ein Pressestatement abgegeben, und nach diesem Statement hat er anderthalb Stunden dieses Bürgergespräch gemacht. Ein Bürgergespräch bedeutet, dass die Bürger fragen und der Bundeskanzler antwortet. Insofern, wenn behauptet würde, dass der Bundeskanzler da keine Fragen zugelassen habe, würde ich mich dann sehr wundern. Aber man kann sich auch als Journalist irren. Das ist nicht nur Regierungssprechern vorbehalten. Insofern muss man das gelassen sehen.

Grundsätzlich ist es so, dass der Bundeskanzler unter anderem auch in einer Schalte mit dem Mitteldeutschen Rundfunk - gestern, glaube ich -, in einem Statement vor dieser Veranstaltung und auch schon in Äußerungen, die er ansonsten in den letzten Tagen, Wochen und Monaten zum Thema Migration getätigt hat, doch einen sehr klaren Kurs vorgegeben hat und sich auch immer wieder äußert.

Er hat genauso dargestellt, dass er nicht gewartet, sondern das Thema der Migration sehr früh als ein Thema identifiziert hat, um das man sich kümmern muss. Ich habe vorhin schon gesagt - ich weiß nicht, ob Sie schon da waren -, dass es dafür sehr geteilte Zuständigkeiten gibt und sich eine gewisse Staatspraxis Bahn gebrochen hatte, dass man gegenseitig mit dem Finger aufeinander zeigt, statt die Probleme gemeinsam anzugehen. Stichwort "Rückführungen": Die federführende Zuständigkeit liegt bei den Ländern. Trotzdem hat sich der Bundeskanzler massiv, zum Teil auch Widerstände in den Ländern überwindend, mit diesem Thema auseinandergesetzt. Er hat sich auf zwei oder drei Ministerpräsidentenkonferenzen mit den Ländern getroffen, um Gesetze zu vereinbaren, die all das aus dem Weg räumen, was wir, was die Praktiker und was auch die Länder als Hindernisse identifiziert haben.

Das zeitigt Wirkung, wenn auch natürlich noch nicht in dem Maße, in dem man es sich wünscht. Aber die Zahlen der irregulären Migration nach Deutschland sind im vergangenen Jahr um 30 Prozent zurückgegangen. Neben vielen anderen Dingen haben wir unter anderem Grenzkontrollen eingeführt. Die Zahl der Rückführungen ist um ein Fünftel gestiegen. Ist das schon genug? - Nein. Ist das eine Veränderung? - Ja.

Das zeigt, dass es neben dem, was er einmal Sprücheklopfen oder Interviews-in-Sonntagszeitungen-Geben genannt hat, eben auch Arbeit zu tun gibt, insbesondere für diejenigen, die hauptsächlich zuständig sind und die sich ab und an die Frage gefallen lassen sollten, was sie neben den markigen Sprüchen in ihrem Einfluss- und Zuständigkeitsbereich eigentlich getan haben.

Damit ich mich jetzt nicht dazu hinreißen lasse, auf Zuständigkeiten zu verweisen, belasse ich es dabei.

Frage

Herr Hebestreit, welchen Begriff von Lüge hat der Bundeskanzler? In Sachen der Ukrainehilfehat er zunächst gesagt, das deutsche Volk werde belogen, und dann ausgeführt: durch diejenigen, die nicht sagen, wo im Haushalt das Geld herkommen soll.

Lüge bedeutet eine Aussage, die im Widerspruch zu bekannten Tatsachen steht. Wo wurde gelogen, wenn Menschen nicht darüber reden, woher das Geld kommen soll, was ja sein kann?

StS Hebestreit

Wir diskutieren immer wieder gern über einzelne Begriffe und darüber, wie ein Begriff gemeint ist. Ich will das jetzt nicht tun; das können wir einmal bei einer Tasse Kaffee besprechen. Ich denke, der Bundeskanzler hat es relativ eindeutig gesagt. Das hat er nicht allein auf die berühmten drei Milliarden Euro der überplanmäßigen Ausgabe bezogen, sondern insgesamt darauf, dass wir in einem Wahlkampf sind, in dem viele vieles versprechen, aber keiner erklärt, wie es hinterher bezahlt werden kann. Diese Frage wird ausgeblendet. Aber nach einer Wahl muss man sie beantworten, und dann kommt das böse Erwachen. Wenn man sich mit diesen Fragen nicht beschäftigt, wenn man diese Fragen nicht beantwortet, dann wird man unvollständig informiert. Ich formuliere es so, um mir die Wortwahl des Kanzlers nicht zu eigen zu machen. Ich bin kein Wahlkämpfer.

Hinsichtlich der drei Milliarden Euro will ich Ihnen aber nicht ausweichen. Es gibt die Argumentation, diese drei Milliarden Euro könne man in einem Haushalt mit einem Umfang von 488 Milliarden Euro schon erwirtschaften. Das ist richtig, wenn man ausblendet, dass in diesem Haushalt von 488 Milliarden Euro bereits zum heutigen Zeitpunkt eine Lücke in Höhe von 25 oder 26 Milliarden Euro zu erwirtschaften ist. Wenn man immer nur einen einzelnen Teil sieht, sei es für Verteidigung oder für die Förderung von E-Mobilität, und sagt, eine Summe in Höhe eines einstelligen Milliardenbetrags lasse sich in einem so großen Etat immer finden, ist das richtig. Wenn man aber die Gesamtperspektive in den Blick nimmt, muss man sagen: Das Loch, der Handlungsbedarf, wie es so schön euphemistisch heißt, ist jetzt schon sehr groß. - Wenn man sagt, man wolle ihn noch vergrößern, ohne eine Lösung anzubieten, wie man diese große Lücke schließen kann, dann vermeidet man die entscheidende Antwort, nämlich die Antwort auf die Frage: Wer zahlt die Zeche?

Der Bundeskanzler hat schon im November einen Vorschlag dafür unterbreitet, übrigens zusätzlich zu dem Vorschlag, die bilaterale Waffenhilfe für die Ukraine um weitere drei Milliarden Euro zu erweitern. Der Vorschlag besagt: Das können wir nicht aus der Portokasse oder mit dem Bestehenden bezahlen - die meisten Länder um uns herum tun das im Übrigen auch nicht -, sondern wir sollten den Geldbetrag für unsere Ukraineunterstützung - das sind die Militärlieferungen und Militärleistungen, die Leistungen für die 1,3 Millionen Flüchtlinge, die wir hier unterstützen, und weitere Hilfen - als Sonderausgaben in einen Überschreitungsbeschluss hineinpacken und dadurch die Lücke im Haushalt schließen. Das ermöglicht die Schuldenregel.

Für diejenigen, die anders als Frau Wefers und ich nicht die Freude haben oder gehabt haben, viel mit Haushaltspolitik zu tun zu haben: Im Laufe eines Haushaltsjahres werden etwa zehn Milliarden Euro nicht verausgabt. Das bleibt hängen, weil sich Projekte verschieben, weil manches länger dauert oder sich zerschlägt. Dann bleiben von der Lücke in Höhe von 25 bis 26 Milliarden Euro immer noch ca. 14, 15 oder 16 Milliarden Euro. Diese Lücke ist im Augenblick nicht gefüllt. Das heißt auch, dass sich alles andere so entwickeln muss, wie geplant. Sich weiter verschlechternde Konjunkturaussichten wirken sich auch wieder negativ auf die Einnahmesituation des Bundes aus.

Vor diesem Hintergrund kann man nicht so tun, als könne man das einfach so aus dem Ärmel schütteln. Das hat den Kanzler, denke ich, zu seiner Aussage geführt. Dies als kleine Lesehilfe für diejenigen, die sich dafür interessieren.

Zusatz

Danke für das haushaltspolitische Proseminar.

StS Hebestreit

Ich habe auch einen Bildungsauftrag. Lebenslanges Lernen ist eine tolle Sache.

Fischer (AA)

Ich würde gern ergänzen, dass es derzeit gar keinen Haushalt gibt und der Haushalt von der nächsten Bundesregierung mit den jeweiligen Prioritäten der nächsten Bundesregierung verabschiedet werden wird.

Ich will auch darauf hinweisen, dass es im Haushaltsausschuss Vertreter der Partei des Bundeskanzlers gibt, die glauben, dass diese drei Milliarden Euro durchaus darstellbar sind.

Zusatz

Herr Hebestreit, Sie haben eingangs gesagt, Ihre Begrifflichkeit wäre "unvollständige Information" und Sie machten sich die Wortwahl des Bundeskanzlers nicht zu eigen, da Sie kein Wahlkämpfer seien. Das bedeutet - Sie nicken jetzt dazu -, der Begriff der Lüge in diesem Kontext ist ein Wahlkampfbegriff.

StS Hebestreit

Wenn ich als Regierungssprecher spreche, spreche ich immer als Regierungssprecher. Die Worte des Bundeskanzlers stehen immer für sich. Ich interpretiere sie nicht. Ich habe sie erläutert und Ihnen einen langen, Sie schlauer machenden - das hatte ich gehofft -, Proseminarbeitrag - so hatten Sie es genannt - geliefert. Ich erkläre es Herrn Fischer nachher auch noch einmal.

Fischer (AA)

Wir sprechen gern noch einmal darüber.

Vorsitzende Wefers

Bitte bilateral!

StS Hebestreit

Aber es sind die Begrifflichkeiten des Bundeskanzlers und des im Wahlkampf stehenden Spitzenkandidaten und Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Deshalb habe ich auf den Wahlkampf verwiesen, in dem man zuspitzt, um durchzudringen und Klarheit zu schaffen. Es ist nicht an den Sprecherinnen und Sprechern auf dieser Bank, das zu interpretieren, und daran wollen wir uns halten.

Frage

Herr Hebestreit, die Diskussion in Bezug auf Elon Musk und seine Plattform Xhat durch die Geste, die er bei der Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten gemacht hat, an Schärfe gewonnen. Gibt es seitens der Bundesregierungeine neue Einschätzung bezüglich der Frage, die Plattform zu verlassen oderdort zu bleiben, oder ist der Stand trotz der Ereignisse zu Anfang der Woche immer noch derselbe?

StS Hebestreit

Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Frage

Herr Fischer, die Kämpfe im Ostkongohaben seit Anfang des Jahres zugenommen. UN-Generalsekretär Guterres hat jetzt davor gewarnt, dass sich diese Kämpfe sogar zu einem regionalen Krieg ausweiten könnten. Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung?

Falls ja, was können die Bundesregierung bzw. die Europäische Union konkret tun, um dort einzuschreiten? Welche Möglichkeiten bestehen dort überhaupt?

Fischer (AA)

(zu Medienberichten über einen Dissens innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich finanzieller Hilfe für die Ukraine) Noch einmal kurz zu Herrn Hebestreit: Wie gesagt, haben wir keinen Haushalt. Der Haushalt wird von der nächsten Bundesregierung festgelegt. Wir sind in der vorläufigen Haushaltsführung. Das heißt, wir sparen derzeit auch Gelder ein, die ursprünglich vorgesehen waren. Es wird neue Prioritäten der nächsten Bundesregierung geben. Sie wird bestimmte Projekte anders machen, als die aktuelle Bundesregierung es zu tun plant. Diese Projekte betreffen viele Bereiche. Aber klar ist: Im Sozialen wird nicht gespart werden. - Gleichzeitig ist auch klar, dass wir hier innere, äußere und soziale Sicherheit nicht gegeneinander ausspielen.

Vorsitzende Wefers

Ich dachte, wir hätten das Thema verlassen.

Fischer (AA)

Jetzt zu Ostkongo: Im Ostkongo sehen wir momentan eine ganz massive Eskalation der Lage. Heute wird der Krisenstab der Bundesregierung im Auswärtigen Amt dazu zusammenkommen.

Sie haben vielleicht mitbekommen, dass die Stadt Sake, die von strategischer Bedeutung ist und auf dem Weg in die Provinzhauptstadt Goma liegt, von der Miliz M23 eingenommen worden. Nun droht diese Miliz, Goma anzugreifen. Dort suchen derzeit schon Hunderttausende Menschen Schutz, Menschen, die aus ihrem zu Hause fliehen mussten und seit Monaten unter schwierigsten Bedingungen leben, Menschen, die diesen Angriffen schutzlos ausgeliefert sind und versorgt werden müssen.

Wir fordern daher Ruanda und die M23 dazu auf, sich sofort zurückzuziehen. Alle Beteiligten müssen die Kampfhandlungen umgehend einstellen und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Alles, was die Versorgung der Menschen in Ostkongo beeinträchtigt, muss unterbleiben. Dafür tragen alle Beteiligten die Verantwortung. Vor allen Dingen müssen auch Hilfslieferungen ohne Störungen eingeflogen werden können. Daher muss das GPS-"jamming" von Ruanda und M23 sofort aufhören.

Es ist wichtig, dass der politische Prozess zur Lösung dieser Krise umgehend wieder aufgenommen wird. Wir unterstützen den Luanda-Prozess unter Führung des angolanischen Staatspräsidenten und den Nairobi-Prozess unter Führung des ehemaligen kenianischen Staatspräsidenten und hoffen, dass wir auf dieser Grundlage zu einer Lösung kommen.

StS Hebestreit

Ich möchte nichts ergänzen.