07/17/2025 | News release | Distributed by Public on 07/17/2025 12:36
Ob bei Hitze oder Kälte, bei Tag oder Nacht: Rund um die Uhr - 365 Tage im Jahr - sorgen die Beschäftigten am DHL-Drehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle dafür, dass die Frachtflugzeuge so schnell wie möglich entladen werden und neu beladen wieder starten können.
"Das ist richtig harte Arbeit", sagt Daniel Mühlbach, der als Ramp Agent im Nachtdienst für DHL Hub Leipzig arbeitet. "Für wenig Geld." Eine Aufwertung ihrer Arbeit sei längst überfällig. Deshalb ging ver.di mit einer Forderung von 12 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von einem Jahr in die aktuelle Tarifrunde mit der DHL Hub Leipzig GmbH. Mehrtägige Streiks waren notwendig, um die Arbeitgeber überhaupt zu einem Angebot zu bewegen. Sie bieten 9 Prozent bei einer Laufzeit von 26 Monaten. Zu wenig, finden die Kollegen. "Für sie kommt die Wertschätzung nicht ausreichend rüber", sagt der zuständige ver.di-Sekretär Tobias Kraushaar.
Deshalb folgte die Konzerntarifkommission aus ehrenamtlichen ver.di-Mitgliedern dem Stimmungsbild im Betrieb - und lehnte das Angebot ab. Die Kollegen fordern eine vierte Verhandlungsrunde. Doch der Arbeitgeber weigerte sich. Deshalb kam es zwangsläufig zur Urabstimmung über einen Erzwingungsstreik. Am 17. Juli wurden die Stimmen ausgezählt. "Die Leute sind zu Recht sauer", sagt Gewerkschafter Kraushaar. Die Arbeitgeber bekommen nun die Quittung: 78 Prozent der Beschäftigten stimmen für den unbefristeten Arbeitsstreik.
An Europas größtem Frachtdrehkreuz sind 6.000 Beschäftigte im Einsatz, viele davon im Nachtdienst. Wenn ein Flugzeug landet, ziehen sie zu dritt oder viert per Hand die schweren Container heraus, schleppen schwere Pakete, stapeln und sortieren die Fracht für den Weitertransport. "Nach der Schicht ist dein Körper völlig kaputt", berichtet Daniel Mühlbach. Hinzu kommt der ständige Zeitdruck. Bis zu 70 Flugzeuge starten und landen pro Tag am Standort. Unter enormem Tempo muss die Fracht verladen werden, damit die Maschinen wieder losfliegen können. "Wir stehen ständig unter Stress", betont der 46-Jährige. Doch ihr Verdienst reicht vorne und hinten nicht. Wenn es gut läuft, bekommt der Ramp Agent rund 2.200 Euro raus - inklusive Nachtzulage. "Aber dann darf ich nicht krank oder im Urlaub sein." Das Geld reiche gerade so für Miete, Versicherungen und Einkauf, "und das war's".
"Da besteht dringend Nachholbedarf."
Tobias Kraushaar, ver.di-Sekretär
"Viele haben die Nase voll", sagt der Ramp Agent. "Sie wollen einfach mehr Wertschätzung." Vor allem ärgern sich die Beschäftigten darüber, dass anderswo für vergleichbare Tätigkeiten an Flughäfen deutlich mehr Geld bezahlt wird. Bis zu 500 Euro mehr erhalte zum Beispiel das Personal für vergleichbare Tätigkeiten ein paar Meter weiter am Flughafen Halle/Leipzig, berichtet Tobias Kraushaar von ver.di. "Da besteht dringend Nachholbedarf", sagt der Gewerkschafter. Zumal DHL zugleich Milliardengewinne mache.
Zum Start der Tarifverhandlungen legte der Arbeitgeber gar kein Angebot vor. Daraufhin startete ver.di im Betrieb eine Befragung unter den Beschäftigten: Wie soll es weitergehen? Erst einmal abwarten oder mit einem Streik ein Zeichen setzen? Die große Mehrheit sprach sich für einen Arbeitskampf aus. "Und sie haben dort nicht nur ihr Kreuz gesetzt", sagt Tobias Kraushaar von ver.di, "sondern es auch ernst gemeint."
Beim ersten Warnstreik am 23. Mai beteiligten sich über 1.000 Menschen. In der zweiten Verhandlungsrunde gab es wieder kein Angebot, also fragte ver.di wieder bei den Beschäftigten: Und jetzt? Diesmal beschlossen die Beschäftigten, von der Nachtschicht am 4. Juni bis zur Nachtschicht am 5. Juni zu streiken, 35 Stunden lang. "Bei der zweiten Schicht haben sich noch mehr Leute vors Tor getraut." Insgesamt nahmen 2.400 Beschäftigte ihr Streikrecht wahr. "Da gab es den ein oder anderen Gänsehautmoment", berichtet der Streikleiter.
Die Flugzeuge wurden nach der Landung nicht ausgeladen, blieben am Boden stehen, Pakete wurden nicht ausgeliefert. "Die Auswirkungen waren deutlich zu sehen", sagt Tobias Kraushaar. Eine Notdienstvereinbarung regelte Ausnahmen für lebenswichtige Medikamente, Blutkonserven und Organtransporte.
"Die Leute waren in der Tarifrunde mit Herzblut dabei."
Tobias Kraushaar, ver.di-Sekretär, StreikleiterIn der Tarifauseinandersetzung traten mehrere hundert Beschäftigte bei ver.di ein, berichtet der Gewerkschafter. Zudem waren viele Vertrauensleute neu dabei und sehr aktiv. "Die Leute waren in der Tarifrunde mit Herzblut dabei." Er ist überzeugt, dass der Arbeitgeber ohne die Streiks überhaupt kein Angebot vorlegt hätte. "Definitiv." Auch Daniel Mühlbach lobt die tolle Stimmung in der Belegschaft. "Wir sind als Team echt zusammengewachsen und haben gezeigt, dass wir da sind."
Kathrin Hedtke