FRA - European Union Agency for Fundamental Rights

11/13/2025 | Press release | Distributed by Public on 11/12/2025 23:01

Digitalisierung der Justiz: FRA fordert Grundrechtsgarantien

Press Release
13 November 2025

Digitalisierung der Justiz: FRA fordert Grundrechtsgarantien

Justiz, Opferrechte und justizielle Zusammenarbeit
BillionPhotos.com / adobestock.com, 2025
Justizbehörden in ganz Europa setzen auf den digitalen Wandel und führen KI-Tools, Fernanhörungen und elektronische Fallbearbeitungssysteme ein. Diese Fortschritte bieten wichtige Möglichkeiten, die Effizienz und den Zugang zur Justiz zu verbessern. Ihr Erfolg hängt jedoch von wirksamen Grundrechtsgarantien ab, die einen gleichberechtigten Zugang zur Justiz für alle gewährleisten. Dies zeigt ein neuer Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA). Durch frühzeitiges Erkennen von Risiken, durch Investitionen in Qualifikationen und Schulungen und durch das Einbetten von Schutzmaßnahmen von Anfang an können politische Entscheidungsträger und Praktiker wirksame Justizsysteme aufbauen. Dies wird Angehörigen der Rechtsberufe ermöglichen, neue digitale Tools sicher und kompetent anzuwenden.
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Der FRA-Bericht "Digitalising Justice: A Fundamental Rights-based Approach" (Digitalisierung der Justiz: ein grundrechtsbasierter Ansatz) untersucht digitale Lösungen, die bereits eingesetzt werden. Dazu gehören Videokonferenzen in Gerichtsverfahren, elektronische Fallbearbeitungssysteme zur Rationalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, Online-Plattformen für den öffentlichen Zugang zu Informationen, die Anzeige von Straftaten, Rechtshilfe sowie KI-basierte Anonymisierungs- und Transkriptionswerkzeuge.

Die von der FRA befragten Justizfachleute und technischen Expertinnen und Experten unterstützen weitgehend die Digitalisierung, um die Effizienz zu steigern und Lücken beim Zugang zur Justiz zu schließen. Sie erkennen jedoch auch die Risiken an, die sich ergeben können, wenn Grundrechte, einschließlich des Rechts auf ein faires Verfahren und des Rechts auf Datenschutz, nicht angemessen in die Konzeption und Entwicklung dieser Tools integriert sind.

Um sicherzustellen, dass bei der Digitalisierung der Justiz die Grundrechte geachtet und das Versprechen einer höheren Effizienz erfüllt werden, fordert der Bericht:

  • Integrierte Grundrechtsgarantien: Digitale Tools in Justizsystemen sind häufig auf Schnelligkeit und Effizienz ausgelegt. Sie müssen aber auch die Justiz transparenter und zugänglicher machen und Gleichheit vor dem Gesetz gewährleisten. Dass Bedenken in Bezug auf den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre berücksichtigt werden, ist von entscheidender Bedeutung, aber nicht ausreichend. Die Behörden müssen vielmehr auch prüfen, wie sich digitale Lösungen auf alle Grundrechte, einschließlich des Rechts auf ein faires Verfahren und des Rechts auf Nichtdiskriminierung, auswirken.
  • Umfassendere Konsultation der Interessenträger: Digitale Tools für die Justiz werden häufig auf der Grundlage der Erfahrungen eines engen Nutzerkreises von Richterinnen und Richtern, Gerichtsbediensteten oder Staatsanwältinnen und -anwälten entwickelt. Um sicherzustellen, dass diese Tools wirklich für alle nützlich sind und ihren Zweck erfüllen, erfordert die Digitalisierung die Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessenträgern. Dazu gehören Menschenrechtsexpertinnen und -experten, die Zivilgesellschaft und Vertreter betroffener Gemeinschaften. Inklusives Design ist wichtig, damit die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen gewährleistet ist und Tools den unterschiedlichen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht werden.
  • Aufrechterhaltung nicht digitaler Alternativen und verstärkte Unterstützung: Nicht alle haben den gleichen Zugang zu Technologie oder die Fähigkeiten, um sie sicher zu nutzen. Faktoren wie Armut, Alter oder Bildung erschweren es einigen Menschen, digitale Dienste in Anspruch zu nehmen. So kann durch übermäßige Abhängigkeit von digitalen Diensten eine digitale Kluft entstehen. Um dem zu begegnen, sollten traditionelle, nicht digitale Justizverfahren weiterhin verfügbar bleiben, und die Behörden sollten weiterhin in Maßnahmen zur Schließung der digitalen Kluft investieren. Ein gleichberechtigter Zugang zu digitalen und nicht digitalen Gerichtsverfahren trägt dazu bei, dass faire Verfahren und eine wirksame Vertretung gewährleistet werden und niemand zurückgelassen wird.
  • Schulung in Grundrechtsfragen: Schulungen und Unterstützung bei der Nutzung der digitalen Tools in der Justiz konzentrieren sich häufig nur darauf, wie die Technologie funktioniert. Genauso wichtig ist es jedoch, die grundlegenden Risiken im weiteren Sinne zu verstehen. Die Nutzer müssen sich Problemen wie Voreingenommenheit, Diskriminierung, Datenschutzverletzungen oder Fehler beim Einsatz von KI bewusst sein. Nur durch umfassende Schulungen und Garantien kann eine verantwortungsvolle Nutzung digitaler Technologien in den Justizsystemen gewährleistet werden.

Hierzu äußert sich Direktorin der FRA, Sirpa Rautio, wie folgt:

"Die Digitalisierung birgt ein großes Potenzial für die Justizsysteme. Sie kann die Justiz schneller, einfacher und zugänglicher machen. Damit wir die Vorteile wirklich nutzen können, müssen wir jedoch auch die Auswirkungen auf die Grundrechte sorgfältig prüfen. Wir müssen außerdem die digitale Kluft überbrücken und den Zugang zur Justiz für alle sicherstellen, damit niemand zurückgelassen wird."

Der Bericht basiert auf einer Grundrechtsanalyse von 31 digitalen Tools und Systemen in Estland, Frankreich, Italien, Lettland, Österreich, Polen und Portugal. Im Rahmen der Untersuchung wurden Interviews mit technischen Expertinnen und Experten und Angehörigen der Rechtsberufe geführt, die Erfahrung in der Entwicklung, dem Einsatz oder der Nutzung der Tools haben.

Weitere Auskünfte erhalten Sie unter: [email protected] / Tel.: +43 1 580 30 642

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13 November 2025
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