SEV Gewerkschaft des Verkehrspersonals

10/08/2025 | News release | Distributed by Public on 10/07/2025 05:41

Hilfsflotte für Gaza: Zwei SEV-Mitglieder im Mittelmeer verhaftet

08. Oktober 2025 | Aktuell / SEV Zeitung

Hilfsflotte für Gaza: Zwei SEV-Mitglieder im Mittelmeer verhaftet

Ende August stach in Spanien die «Global Sumud Flotilla» in See, um humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen. Ihr schlossen sich später auch 19 Schweizer:innen auf sieben Schiffen an, darunter zwei Mitglieder des SEV. In der Nacht auf den 2. Oktober nahm die israelische Marine die Aktivist:innen fest. Die diplomatische Unterstützung der Schweiz, wie von der SEV-Geschäftsleitung und dem SGB gefordert, hielt sich in engen Grenzen.

Ein Teil der Crew der «Captain Nikos», Lionel, Marc und Stéphane, auf dem Weg nach Gaza.

Marc Formosa und Lionel Simonin, ehemaliger und aktueller Präsident der SEV-VPT-Sektion Lac Léman (CGN), segeln Ende September auf der «Captain Nikos» los, um sich der internationalen Flotte anzuschliessen, die schon seit vier Wochen Richtung Gaza unterwegs ist. Insgesamt umfasst die Flotte rund 350 Aktivist:innen aus 44 Nationen auf etwa 50 Schiffen.

Das Boot von Marc und Lionel misst 13,5 Meter. «Mit drei Doppelkabinen, zwei Toiletten, einer kleinen Küche und einem Aufenthaltsraum ist es eng, aber machbar - nichts Luxuriöses für uns zwölf Personen», berichten sie. Als sie am 30. September zur Flotte stossen, empfinden sie ein Gefühl zwischen Anspannung und der Überzeugung, unbedingt dabei sein zu müssen.

Die internationale, friedliche Initiative will die seit Jahren bestehende, völkerrechtswidrige israelische Blockade durchbrechen und Hilfsgüter wie Milchpulver, Wasserfilter und Medikamente nach Gaza bringen. Hat dieses Unterfangen eine realistische Chance zu gelingen? «Die Chance ist gering, doch sie ist umso grösser, je mehr Staaten (wie beispielsweise Spanien), Gewerkschaften (wie die französische CGT oder die italienische Hafenarbeiter:innen-Gewerkschaft) und Menschen generell sich solidarisch mit dem palästinensischen Volk und mit uns erklären», antworten die beiden Kapitäne.

Warum nehmen die beiden an dieser Initiative teil? «Um das humanitäre Recht zu verteidigen, auf Gaza aufmerksam zu machen und Druck auf die Regierungen auszuüben, die mit ihrer Untätigkeit eine Mitverantwortung tragen für die Ermordung der Bevölkerung. Wir sind einfache Menschen, aber wir handeln, wo Regierungen versagen. Wie kann man die Bilder von Kindern, die verhungern und von Bomben und Schüssen getötet werden, sehen, ohne zu handeln? Die Kinder von Gaza sind auch unsere Kinder. Wir nehmen Risiken auf uns, um eine humanitäre, gewaltfreie Botschaft zu überbringen - in der Hoffnung, bald gesund heimzukehren und unsere Nächsten in die Armen zu schliessen.»

Internationale Solidarität

Am 11. September stellt sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund hinter die zivilgesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Teilnehmenden der Flottenmission und fordert Israel auf, die humanitäre Hilfe durchzulassen. Unsere beiden Kollegen erhalten auch Unterstützung vom Vorstand ihrer SEV-Sektion Lac Léman: «Angesichts der humanitären Katastrophe, deren Ausmass uns erschreckt (...), möchten wir [ihr] Engagement würdigen und unterstützen.» Eine ähnliche Unterstützung bringen die SEV-Sektionen der TPG (Genf), TPF (Freiburg) und MBC (Morges-Bière-Cossonay) zum Ausdruck.

Auf die Frage, ob ihr Engagement für Gaza einen Bezug zum SEV habe, antworten die Kapitäne: «Alle Kämpfe hängen zusammen. Wenn unsere Tessiner Kolleg:innen streiken, um ihre Arbeitsplätze zu schützen, sind wir solidarisch und mobilisieren. Wie könnten wir es nicht sein mit palästinensischen Menschen, die unter Bomben und Hunger leiden? Solidarität endet nicht an Grenzen.»

Die Haltung des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das von der Teilnahme abrät, sorgt für Kritik. Auf Wunsch der SEV-VPT-Sektion Lac Léman schickt die SEV-Geschäftsleitung einen Brief an Bundesrat Cassis mit der Bitte, den beiden Kollegen diplomatische Unterstützung zu gewähren. «Das wäre ein erster Schritt hin zu einer weniger nachsichtigen Haltung der Schweiz gegenüber Israel», sagen diese.

Gefährliches Unterfangen

Das EDA erklärt am 24. September, man werde konsularische Hilfe leisten - etwa für menschenwürdige Haftbedingungen und rechtliches Gehör. Zwei Tage später gibt es erste Kontakte zwischen dem EDA und der Flotte. Spanien kündigt den Einsatz zweier Schiffe zur Begleitung an. Israelische Medien aber bezeichnen die Boote als «Hamas-Flottille» und deren Besatzungen als «terroristisch». Am Morgen des 2. Oktober werden die Flottillenaktivist:innen in internationalen Gewässern festgenommen, darunter auch Marc und Lionel. Sie werden ins Hochsicherheitsgefängnis von Ktzi'ot gebracht. Der SEV und der SGB fordern Cassis nachdrücklich auf, «mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auf ihre rasche Freilassung hinzuwirken». Bei ihrem Besuch machen die Konsularteams deutlich, dass sie nicht in der Lage seien, etwas zu unternehmen. Die Haftbedingungen sind unmenschlich und die Behandlung demütigend und erniedrigend: Schlafentzug, Mangel an Wasser und Nahrung, fehlende medizinische Versorgung, verbale und psychische Gewalt. Mit Hilfe der Türkei werden Lionel und Marc am 5. Oktober in die Schweiz zurückgebracht, ihr Segelcrew-Kollege Stéphane und andere sind bei Redaktionsschluss weiterhin inhaftiert.

Yves Sancey
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